[In diesem Kapitel gibt es viel englischen Dialog.]
Colin sah kurz ernst zu Kei, griff dann beherzt in die Tüte, die er
mitgebracht hatte und begann eilig damit, sich die Sachen daraus
anzuziehen. Kei sprang auch auf und schulterte seinen Rucksack
mitsamt Schwert. Es war einfacher einen zu töten als viele.
Vielleicht würde der Typ aber auch sein Wort halten und sie nicht
umlegen wollen.
„Gut. Lasst uns gehen. Dich zu töten ist einfacher als die da
draußen.“
Der Japaner besaß die Stirn, leise zu lachen.
In Windeseile hatte Colin das Sweatshirt und die Hose angezogen und
seine Schuhe folgen lassen. Auf dem Weg zur Treppe neben der Tür,
die dort hinaufführte, zog er sich seinen Rucksack mit der Geige
auf.
Kei hatte keine Lust, mit dem Japaner darüber zu diskutieren, wer
wen besser killen konnte und schwieg. Er folgte ihm und Colin die
Treppe hinauf. „Wohin gehen wir?“
„Kann ich jetzt nicht sagen. Vielleicht hören sie zu,“ sagte der
Japaner und nickte zu der Öffnung in der Decke, als sie darunter
ankamen. „Bleibt geduckt, wenn ihr oben seid.“
Colin griff sich eine Kupferleitung, die in der Wand befestigt war,
und nutzte die Räuberleiter, die ihm der Typ anbot, um sich
hinaufzuziehen. Kei nutzte seine eigene Sprungkraft, um dort
hochzukommen und sah sich vorsichtig um. Zu sehen war niemand, aber
das hieß gar nichts. Es konnten genausogut überall Vampire sein.
Sich extrem leise bewegend, ging er ein paar Schritte - immer auf
Unsichtbarkeit bedacht.
Colin sah sich auch um und blieb stumm, hatte das mit dem lautlos
Bewegen aber nicht so raus wie Kei und der andere Japaner, und so
knirschten seine Schritte auf dem kiesigen Untergrund des Daches.
„Dahinten die Leiter runter, da gibt es Motorräder. Das blaue
nimmst du,“ sagte der Japaner leise, während er gebeugt neben Kei
zur gegenüberliegenden Brüstung eilte. „Sie müssten -“
„Mumf!“ gab Colin hinter ihnen von sich. Kei drehte sich um.
Ein großer, sehr rothaariger Mann in der Uniform eines
Sicherheitsdienstes - oder zumindest etwas, das sehr danach aussah -
hielt Colin den Mund zu und hielt ihm mit dem anderen Arm die Arme
fest, während er ihn rückwärts zog. Aus der Luke, aus der sie
gekommen waren, kletterten gerade weitere Personen, alle in
Stiefeln, Cargohosen und praktischen Jacken mit vielen Taschen und
Gurten, und sie kamen stumm und ernst auf sie zugelaufen. Einer von
ihnen packte sich Colins Beine, damit das Wegtragen schneller ging.
Mit erschrockenem Blick packte der Japaner Kei beim Oberarm und
zerrte ihn zur Brüstung.
„Schnell runter!“
„Fuck! Soll er sterben oder wie?“ Kei war im Begriff auf die
Typen loszugehen.
„Sie bringen ihn nicht um! Wenn du dich jetzt auch schnappen lässt,
kriegen wir ihn nie wieder raus, also komm runter!“ Er hielt Kei
weiter fest, mit stahlhartem Griff, und zog noch einmal, um ihn
mitzunehmen, während er vom Dach sprang.
Kei folgte ihm. Mehr gezwungen als freiwillig. Hat er auch nur
einen Kratzer, seid ihr alle tot.
Unten standen zwischen Stapeln von Europaletten, Containern mit
Bauschutt, Plastiktonnen und knorrigen Sträuchern tatsächlich
Motorräder, vier Stück, und zwei davon waren besetzt. Die zwei
Leute trugen die gleiche anonyme, schwarze Motorradkleidung und
Helme. Sie hielten ihnen drei weitere, identische Helme entgegen und
starteten ihre Räder.
Der Japaner war wie Kei elegant auf den Füßen gelandet und sofort
losgesprintet. Er griff sich einen der Helme, setzte ihn sich auf und
sprang auf das silberne Motorrad.
„Sie haben den anderen!“ rief er.
Nicht lange. Kei wusste, dass er gegen viele Vampire
chancenlos war, wenn er sich ihnen allein entgegenwarf. Mit einem
Helm schwang er sich auf das andere Motorrad und startete es
umgehend. Den dritten, nun überflüssigen Helm schnallte der Fahrer
irgendwie an seinen Tank, während er schon losfuhr.
„Sakai!“ rief der Japaner, „du folgst dem anderen silbernen.
Viel Glück!“
Schon erschienen wie durch Teleportation mehrere der martialisch gekleideten Personen hinter ihnen an der Mauer, einer auf einem mit Schrott gefüllten Baucontainer, und zwei waren in der Ausfahrt erschienen und schnitten ihnen den Weg ab. Der Fahrer, dem Kei folgen sollte, beschleunigte einhändig, während er direkt auf die beiden zuhielt, und zog gleichzeitig eine Pistole von irgendwo an seinem rechten Bein, mit der er wahllos vor sich feuerte. Der Japaner und der Fahrer auf dem anderen blauen Motorrad teilten sich rechts und links von ihnen auf und rasten ebenfalls einfach auf die Straße zu – von der sie noch ein leichter, aber hoher Bauzaun trennte. Die Ausfahrt bot die einzige Lücke in besagtem Drahtzaun.
Schon erschienen wie durch Teleportation mehrere der martialisch gekleideten Personen hinter ihnen an der Mauer, einer auf einem mit Schrott gefüllten Baucontainer, und zwei waren in der Ausfahrt erschienen und schnitten ihnen den Weg ab. Der Fahrer, dem Kei folgen sollte, beschleunigte einhändig, während er direkt auf die beiden zuhielt, und zog gleichzeitig eine Pistole von irgendwo an seinem rechten Bein, mit der er wahllos vor sich feuerte. Der Japaner und der Fahrer auf dem anderen blauen Motorrad teilten sich rechts und links von ihnen auf und rasten ebenfalls einfach auf die Straße zu – von der sie noch ein leichter, aber hoher Bauzaun trennte. Die Ausfahrt bot die einzige Lücke in besagtem Drahtzaun.
Die beiden Vampire, die dort auf sie warteten, wichen den Schüssen
lässig aus und einer kam nah genug heran, um Keis Vordermann im
Vorbeifahren zu streifen. Er bekam ihn aber nicht ganz zu fassen,
denn der Rückstoß eines Schusses, der zufällig genau im Hals des
zweiten landete, ließ seinen Arm unerwartet zur Seite zucken. Zwei
Sekunden später war er auch schon auf der Straße und raste
geradeaus weiter.
Währenddessen waren der Japaner und der mit Colins Helm am blauen
Tank auch herausgekommen. Einer hatte den Zaun vor sich einfach
umgefahren und der andere ihn mit seiner Geschwindigkeit
aufgeschoben. Der Japaner drehte, beschleunigte und fuhr rechts die
Straße hinunter. Der andere driftete auch in eine Kurve, aber nach
links, und war nach wenigen Sekunden bereits hinter einigen geparkten
Lastern verschwunden.
Kei blieb mit etwas Mühe, was den schießenden Vampiren geschuldet
war, hinter dem Fahrer, dem er folgen sollte. Als derjenige, der Keis
Vordermann zu Fall bringen wollte, erfolglos blieb, zog Kei eine
Waffe aus dem Hosenbund und schoss dem Kerl in den Helm, wich ihm aus
und verfolgte das blaue Motorrad weiterhin. Sein Vordermann schien
keine Rücksicht auf ihn zu nehmen oder darauf zu achten, dass er
hinter ihm blieb, und fuhr einfach hakenschlagend weiter. Er behielt
die ursprüngliche Richtung weitestgehend bei, bog jedoch in mehrere
Quer- und danach Parallelstraßen ein und wurde zwischendurch
langsamer. Nach etwa zwanzig Minuten kamen sie in eine ländlichere
Gegend, die Gebäude dünnten aus, und während der Himmel dunkler
wurde, wurden die Straßen ruhiger. Keis Vordermann hielt sich nun an
die Verkehrsregeln. Sobald es beinahe nachtdunkel war, winkte er
einmal mit dem linken Arm und bog dann links auf einen kleinen,
leeren Rastplatz ein.
Kei hatte, als sie nicht mehr verfolgt wurden, keine Schwierigkeiten
damit, dem Vordermann zu folgen. Er bog auf den leeren Rastplatz ein
und hielt direkt neben ihm.
„Wer sind die Typen und wer seid ihr?“ fragte er fordernd. Die
Person stieg ab und nun war ziemlich offensichtlich, dass es sich
hierbei um eine Frau handelte. Doch sie nahm ihren Helm nicht ab,
öffnete ihn auch nicht, sondern zog nur eine Plastiktüte hinter
einer Schnalle an ihrem Sattel hervor und nahm wortlos ein paar
Nummernschilder und einen kleinen Akkuschrauber heraus.
„Hey! Ich hab dich was gefragt! Was wird hier gespielt?“ Kei
wollte Antworten und er würde erst Ruhe geben, wenn er wusste, was
los war. Doch sie antwortete nicht, sondern machte sich sofort daran,
die Nummernschilder an beiden Motorrädern auszutauschen. Dafür
brauchte sie keine ganze Minute. Die abgeschraubten Schilder
wanderten zusammen mit dem winzigen Schrauber in die Tüte und wurden
darin an den Sitz geklemmt.
„Verdammte Scheiße!“ Kei packte sie am Handgelenk und drehte sie
mühelos herum. „Jetzt rede endlich!“
Die Frau ließ ein paar Sekunden verstreichen und betrachtete Kei
durch ihr in der Dunkelheit beinahe undurchsichtiges Visier mit
ausdruckslosen Augen. Dann riss sie ihren Arm plötzlich nach hinten
und zog Kei so auf sich zu und von seinem Motorrad herunter, und
duckte sich dabei mit einer leichten Drehung unter ihn, um ihn über
die Schulter zu werfen. Kei behielt sein Gleichgewicht, nutzte den
Schritt, den er machen musste um nicht zu fallen, um Schwung zu holen
und drehte sich beim über die Schulter geworfen Werden so, ihr den
Am verdrehend, dass er stehend hinter ihr landete. In einer flüssigen
Bewegung drehte sie sich mit, um sich ihren Arm nicht auskugeln zu
lassen, und richtete sich wieder auf. Sie hatte immer noch keinen
Laut von sich gegeben. Sie sah Kei wieder neutral an. Nun öffnete
sie mit der freien Hand ihr Visier und blickte pointiert auf ihr
umklammertes Handgelenk.
„What the bloody hell is going on here?!“ versuchte Kei es noch
einmal mit Worten und sah ihr eiskalt in die Augen. Sie rollte leicht
mit den Augen, sah ihn dann mit gehobenen Augenbrauen streng an und
tippte sich mit einem Finger auf das freie Handgelenk. Dann nickte
sie zweimal seitwärts und sah dabei auf das Motorrad hinter ihm.
„You are not goin‘ to tell me anything, are you?“ Kei ließ sie
mit verächtlichem Blick los, da er so nicht weiterkommen würde.
Entweder verstand sie ihn wirklich nicht, oder sie war eine gute
Schauspielerin. „Do you understand me?“
Mit ungeduldigem, strengem Blick gewährte sie ihm ein langsames,
ernstes Senken des Kopfes, das möglicherweise so etwas wie ‚Ja, du
brüllst ja laut genug‘ oder vielleicht ‚Beweg dich, wir haben
nicht den ganzen Abend Zeit‘ bedeutete. Es schien jedenfalls eine
Antwort zu sein, und sie bestieg daraufhin sofort wieder ihr Gefährt.
Nachdem sie ihr Visier wieder heruntergezogen hatte, vollführte sie
mit der Hand eine kompliziert ausschauende Geste vor der Brust und
zeigte dann auf die Straße, ehe sie den Motor startete und das Licht
einschaltete.
Kei stieg ebenfalls wieder auf und startete den Motor. Er hoffte für
sie, dass es dort wo sie ihn hinzubringen gedachte, irgendjemanden
gab, der Japanisch sprach und dass der Typ, der Colin und ihn aus der
Halle geholt hatte, nicht der einzige war.
Wieder in dem Gesetz angemessener Geschwindigkeit fuhren sie weiter.
Dabei wechselten sie nach langen Strecken gelegentlich die Richtung,
sodass sich der Mond jede halbe Stunde woanders über ihren Köpfen
befand. Schließlich, mitten in der Nacht, fuhren sie etwas um eine
Ortschaft namens Lancaster herum, und irgendwann über eine schmale
und unbeleuchtete, aber gut gepflegte Landstraße, auf ein zwischen
Feldern und einem Park sitzendes Anwesen zu, das den Hinweisschildern
nach zu urteilen ‚Lancaster Castle‘ sein musste. Die Gebäude
lagen im Dunkeln, aber gegen den dunkelblauen Himmel hob sich genug
von der Silhouette ab, um zwei viereckige Burgtürme zu erkennen.
Was wollen wir in einem abgelegenen Schloss? Kei fuhr bis fast
vor die Tür und stellte das Motorrad dort ab. Nachdem er den Helm
abgenommen und an den Lenker gehängt hatte, sah er sich um und
wartete auf seine stumme Begleitung. Diese stellte ihr Motorrad
unzeremoniös neben seinem ab und nahm auch den Helm ab. Beim
Heranfahren war über der grün gestrichenen Holztür mit Klopfer,
die in einem Seitenflügel dieses moderneren Teils des Schlosses saß,
eine Laterne angegangen. Nun konnte man der Frau nicht nur
überdeutlich ihre asiatische Herkunft ansehen, sondern auch eine
starke Ähnlichkeit mit dem Japaner vom Nachmittag, sowie mit jemand
anderem...
Sie lächelte ein wenig, nur angedeutet und ansatzweise, und zeigte
auf die Tür, auf die sie zutrat, um sie einfach aufzudrücken.
Kei stockte als er erkannte, wen er da vor sich hatte. „Du erklärst
mir jetzt, was hier los ist.“
Sie blickte auf ihn zurück und gestikulierte wieder mit einer Hand,
ehe sie in den Flur trat, in dem ebenfalls automatisch sanftes gelbes
Licht anging. Sie sah nach oben an die Decke und zeigte hoch. Kei
folgte ihr und sah nach oben. Sie nickte zu einem Ausgang in eine Art
Halle, die zum Teil holzgetäfelt und mit Wandteppichen behängt war.
Dort befand sich auch eine breite Treppe, zu der sie nickte. Ihre
Schritte hallten. Hier war es, abgesehen von dem dünnen Schein durch
die hohen schmalen Fenster in der Wand hinter der Treppe, dunkel.
Während in Kei die Aggressionen anwuchsen, da man ihm nichts
erzählen wollte, ging er den ihm gewiesenen Weg.
Als sie den zweiten Teil der Treppe hinter sich gebracht hatten und
auf einer kurzen Galerie ankamen, von der aus man in vier Richtungen
zu verschiedenen Räumen gelangen konnte, konnte man wieder warmes
Licht sehen. In zweien der Flure brannten kleine Lampen, die
elektrisch waren aber grüne Glasschirme hatten, die an Gaslampen des
neunzehnten Jahrhunderts erinnerten. Außerdem fielen aus ein paar
Räumen schwache Lichtstreifen unter den Türen hindurch auf den
Dielenboden. Auf eine dieser Türen steuerten sie gelassen zu.
Kei zog sein Schwert sehr leise und tippte Ms.
‚Ich-rede-nicht-mit-dir‘ damit an. „Was wird hier gespielt?“
Er sprach sehr ruhig.
Sie hielt gerade vor der Tür und hatte eine Hand auf die Klinke
gelegt. Ihr eben noch so gelassener Gesichtsausdruck versteinerte
wieder zu einer eiskalten Maske. Mit hochgezogender Augenbraue
blickte sie auf die blanke Klinge, und dann in Keis Gesicht. Langsam
hob sie ihre freie Hand und zeigte damit auf die Tür. Dann formte
sie die Hand zu einer lockeren Faust und klopfte in die Luft.
„You can come in,“ tönte es von drinnen.
Kei betrat den Raum und ließ sein Schwert sinken, behielt es aber in
der Hand. „Tell me what the bloody fuck is going on.“
Auf einem großen, antiken Schreibtisch aus dunklem Holz in diesem
großen, antiken Raum aus dunklem Holz, Teppichen, Büchern und einem
großen Kamin saß ein dünner, faltiger Mann mittleren Alters mit
ausdünnendem Haar und der gleichen Motorradmontur die Keis
Begleiterin trug. Nur hatte er seine Jacke auf dem hohen
Schreibtischstuhl abgelegt und hatte nun über der Hose nur doch ein
olivgrünes T-shirt an. Er hatte scheinbar mit einer Zigarette
herumgespielt, die er sich nun hinter ein Ohr steckte. Er hielt inne
und musterte Kei mit dem Schwert.
„Okay... Welcome... We will. But could you put that away first? Is
Dennis with you?“
Die Frau schüttelte den Kopf.
„Why should I?“ fragte Kei gelassen und musterte den Mann. Er
hatte ihn noch nie gesehen.
„Because that is the polite thing to do when you're in somebody's
house. I'm afraid I'm not very good at sharing information when I've
got pointy steel stuck up my nose. So if you want to know what's
going on, it would be wise to stop threatening me.“
„I could stick this up your arse if that's making you talk faster.“
Kei machte keine Anstalten sein Schwert wegzustecken, blieb aber ein
Stück vom Tisch entfernt stehen. Der Mann schmunzelte und steckte
sich gemächlich die Zigarette an.
„It's not. Sorry.“
Die junge Frau schnaubte kurz und schloss die Tür, ehe sie ihre
Jacke öffnete, über die Armlehne eines Sessels am Kamin warf und
sich auf ebendiesen Sessel setzte. Sie sah dezent genervt aus.
„I thought the Japanese were all manners, but you are more insolent
than any five-year-old I've ever seen.“
„I must apologise. I have never been raised accordingly to Japanese
standards.“ Keis Stimme war purer Sarkasmus, trotzdem steckte er
sein Schwert weg. Seine Kleidung war bestückt mit vielen Waffen, die
im Notfall reichen würden. Die Frau schnaubte wieder, diesmal mit
einem eindeutigen Blick an die Decke. Der Mann schmunzelte wieder.
„Please, have a seat. I'll answer your questions.“ Er nickte und
deutete auf den Sessel, der dem besetzten vor dem Kamin
gegenüberstand. Vom Schreibtisch neben sich angelte er sich einen
Kristallaschenbecher, den er sich auf einen Oberschenkel setzte. Kei
ließ sich in den Sessel fallen.
„Who are you and why am I here?“ Er hatte sehr viele Fragen.
„My name is Rupert Ingram. I am not a vampire.“ Er deutete
auf die junge Frau, die Kei halb liegend und weiterhin ohne
nennenswerten Gesichtsausdruck musterte. „This young lady here is
Delilah Sakai. She is a vampire. ... As you may have guessed.“
Sie nickte kurz.
„Oh great. Yes. Another lovely family member of mine. Go on.“ Kei
zündete sich ebenfalls eine Zigarette an.
„There's an ashtray on the mantelpiece.“ Rupert Ingram nickte zum
Kaminsims. „She and Dennis are your siblings. You are here because
we don't want them to capture you. ‚They‘ meaning our respective
parents and grandparents.“
Kei nahm sich den Aschenbecher. „I know about my parents wanting to
capture me. One is dead.“
„Yes, we know. It caused quite a stir. You and your friend did good
work on them. Do you know why they want you?“
„No. Where is Colin now?“
„Probably in a transporter, or already in some cellar, hidden away
from eyes and ears... I reckon they don't really want him. He's
human, after all.“
„Since when? He was killed, undead, feeding on human flesh. It is
new that he acts human again.“
Rupert neigte interessiert den Kopf, aber ging nicht darauf ein.
„You do know that vampires have an obscenely long lifespan, don't
you?“
„Well no but I assumed that. No one ever told me anything of what
it means to be a vampire. Except for the blood.“
„Well, as far as anyone knows, they might well be immortal, like
lobsters. However, they have an uncanny knack for killing each other
off. And they usually have very few offspring. It is unusual for them
to breed as well as your family does. In short, vampires are slowly
going extinct. They are desperate to bolster their numbers.“ Rupert
popelte eine neue Zigarette aus seiner Hosentasche und zündete sie
sich an.
„Then they should have more sex. That's how offspring is made.
Vampire offspring, too.“ Für Kei war diese Idee sehr naheliegend,
dafür musste es ausreichend Vampire geben - genug heterosexuelle.
Rupert lachte. Delilah grinste.
„Well, that doesn't work as well as with humans, I'm afraid. But
vampires are very libidinous creatures. They fuck like rabbits-“
Delilah rollte mit den Augen und Rupert grinste sie an. „Well, it
doesn't seem to be enough. They get killed faster than they are born.
And because of that...“
„They should make a plan to stop the killing for a few hundred
years.“
„How very mature of you. That would seem to be the logical
response, but no. That won't happen. Instead, what they've been doing
in the last few hundred years, is try and find a way to expand their
lives beyond death.“
„Oh yeah I forgot. I am a living dead vampire. We are bloody hard
to kill and I am an even harder challenge. What happened to me?“
„They did. We don't know what exactly it is they did to you. But it
was deliberate. They did it to Colin, too.“
„He was or still is human. Or is again. He turned into himself
again after arriving here but still needs flesh and is shocked to do
so. It affected him differently.“
„Yes. They are going to study that. Apparently it only works in
pairs. They need pairs. Like siblings, long time lovers, close
friends... like you and Colin. Our guess is that they paired you with
him because there was no suitable vampire to attach you to. Whatever
it is they do, it has to happen from very early on, from the moment
of birth, or even before that.“
„So everything is planned... Seems like vampires often turn out
gay. Well, they won't get what they want. And they won't have Colin
to watch for a long time.“
Rupert lächelte amüsiert.
„You're very spirited. Very determined. That is good. That's very
good. We might get him back that way.“
Auf dem Flur waren zügige Schritte zu hören. Delilah stand auf und
ging zur Tür, um sie zu öffnen.
„If they want him dead they must kill me first and I seem to be
immortal. That is kind of a challenge.“ Kei drehte sich in Richtung
Tür. „Next question. Why don't you want to kill me?“
Rupert lachte leise.
„Because we're not assholes. We're trying to bring them down. We've
all been victims of their insanity in one way or another. As far as
we're concerned, you're one of us.“
Der Japaner kam in den Raum marschiert, sah sich eilig um, und sein
Blick blieb auf Delilah hängen. Er schnippte sie auf die Stirn.
„You didn't take the foils off!“
Sie blinzelte und rieb sich die Stirn, zeigte dann anklagend auf Kei,
und gestikulierte wieder in Gebärdensprache. Rupert lachte und
Dennis starrte Kei an.
„Sie sagt, du hast sie abgelenkt.“
„Wenn die sich ablenken lässt, kann ich da nichts für,“ sagte
Kei zu dem Japaner und drehte sich wieder um. „I am not part of
anyone's group. I am interested in killing those fuckers and in
living.“
„Good, then we have a common goal! And a common enemy. No one's
asking you to join us permanently,“ sagte Rupert. Delilah ging zu
ihrem Sessel zurück und legte sich wieder quer auf ihn. Dennis
schloss die Tür und gesellte sich zu Rupert an den Schreibtisch,
gegen den er sich lehnte.
„I didn't plan to do so. So those two are parts of my family...“
sagte er mehr zu sich selbst. „Are you as fucked up as the rest of
them?“
Alle lachten. Bei Delilah wuchs sich das zu nicht mehr als ein
bisschen lauterem Atmen aus.
„Probably. But we're not experimenting on people and torturing
them,“ sagte Dennis. Er musterte Kei nun interessiert.
Delilah setzte sich auf und gestikulierte hastig. Ihr Gesicht war nur
ein klein wenig belebter. Dennis und Rupert nickten zustimmend.
„I guess that's good.“ It appears to me that I am the most
fucked up of the Sakai offspring. But I can live with that. Kei
formulierte den Satz in Gedanken, ließ ihn aber auch dort. „What's
she saying?“
„Sie hat gesagt, dass wir ein Teil - dass wir verstehen, dass wir
ein Teil dieser Welt sind und dass wir Menschen nicht nur als Vieh
sehen, von dem wir uns ernähren. Wir müssen mit ihnen leben,“
erklärte Dennis.
„Ich tue beides,“ sagte Kei.
Dennis lächelte.
„Wir ernähren uns auch von Menschen. Aber sie sind auch Personen.
Wie er hier.“ Er nickte zu Rupert neben sich, der den Kopf hob und
die Augenbrauen hochzog.
„What?“
„I said, you're people!“ sagte Dennis laut.
„Crikey, no need to shout!“
„I don't mind killing people. No matter if they are human or not.“
Sie sahen Kei ernst an. Dennis blickte zu Rupert, der ihm ganz sachte
zunickte.
„I did not say that I am going to kill you...“ Jedenfalls
nicht heute.
Delilah sah ihn müde an.
„You know, you don't have to kill a person to feed on them,“
sagte Dennis.
„I do. But I like them dying.“
Stille.
„Well... I take that back. Delilah and I are not as fucked up as
the rest of the family. You are, though,“ gab Dennis müde zurück.
„I never denied that. I am my father's son after all. Even if he's
an arsehole.“
„I'm my father's son, too. And I'd like to think I'm not that much
of an arsehole.“ Dennis klang etwas eisig. Rupert zündete sich in
betretener Zurückhaltung eine dritte Zigarette an.
Delilah gestikulierte etwas, zögerlich, und Rupert musste leise
lachen.
„You are a little bit,“ übersetzte er.
„So what kind of like Kira looking siblings are you?“
Delilah legte den Kopf etwas schief.
„He's our father,“ sagte Dennis.
„And you say vampires don't breed well? Kira has many children it
seems. At least four.“
„Yes, and with him you and your friend took down the best breeding
machine our enemy's ever had. Well done,“ sagte Rupert. Er besaß
die Stirn, ein paarmal zu klatschen.
„We took him down for a different reason.“
„Doesn't matter,“ sagte Dennis, „You took him down.“
Delilah gestikulierte.
„She says that gives us hope that we might have a chance at getting
your friend back,“ übersetzte Dennis.
„What was his part in all this? Oh and I guess you know why my
mother really had to die. ... I'll get him back anyway.“
„Kira murdered her because she didn't want you to be a part of the
experiment. When Masako found out about it she was going to join up
with us. We had an escape plan and everything, but it was ruined when
he killed her, and we couldn't get to you anymore,“ erklärte
Dennis. „Kira and Ryuji are one of the pairs, too.“
Kei nickte. „They are both dead. I guess they will stay that way.“
„Yes, we heard. Well done,“ wiederholte Rupert.
Delilah gestikulierte und Rupert nickte daraufhin.
„Wir haben Zimmer für - ein Zimmer für dich,“ sagte Dennis.
„Why did they choose Colin? He is not a vampire.“ Kei neigte
dazu, Delilah nicht zu beachten, Weil er nicht darauf warten wollte,
dass die fertig wurde mit der Gestikuliererei.
„Uhm...“ Rupert schien kurz zu überlegen. „They needed a
partner for you, and as I said, we think there was no suitable
vampire, so they took a human baby. We found out that his father is
somehow involved in all this, despite being human. He offered him up
before he was born.“
„It was a little hurried, I think, because you were already there
and slowly getting too old for the process... whatever it is. They
needed someone quickly,“ steuerte Dennis bei. „So they used him,
prepared you for each other, and then let you two meet.“
Kei nickte. Das ergab alles Sinn. Irgendwie. Auf eine perverse Art.
Es war aber zugleich erschreckend. Dass er Colin überhaupt nicht aus
Versehen begegnet war, schmeckte ihm nicht, änderte aber nichts. Er
wollte Colin da rausholen. Dass diese Wichser wohl noch mehr
Experimente an ihm durchführen würden, passte ihm gar nicht.
Delilah, die ihn die ganze Zeit still beobachtete, schien sich einen
Reim auf seine unausgesprochenen Gedanken zu machen. Sie sagte etwas
mit ihren Händen.
„I already said, they're probably not interested in him that much.
They want you. It's not humans they want to make immortal, but
vampires,“ übersetzte Rupert.
„I think they're going to use him as bait,“ fiel Dennis ein. „To
lure you out of hiding.“
Delilah setzte sich auf und gestikulierte hastig.
„Yeah,“ sagte Rupert, „that's how we can find him.“
„They're going to dangle him in front of our noses to get you to
come and then capture you.“
„Except they won't capture me.“
„Why is that?“ fragte Dennis.
„Because! He's not going to come out. We are,“ sagte Rupert mit
einem aufgeregten Lächeln. „Keisuke will stay safely hidden away
while we rescue his friend.“ Er sprach ‚Keisuke‘ sehr englisch
aus.
„I will not miss that party! And Rupert...“ Er sprach das sehr
japanisch aus, „Call me Kei.“
Rupert schmunzelte. „Alright. Keh.“
„Bedtime,“ verkündete Dennis, nachdem Delilah wieder
gestikuliert und eine universelle Schlafgeste in Form von an einer
Wange zusammengelegten Händen vollführt hatte. „Let me show you
to your room.“
Schlafenszeit für Kei bedeutete wach im Bett liegen und warten bis
es wieder hell wurde. „Okay.“
Delilah und Rupert standen langsam auf und Dennis ging zur Tür.
„Neben dem Bett gibt es eine Kordel. Wenn du Blut brauchst, oder
irgendetwas anderes, zieh dran und du bekommst es,“ erklärte
Dennis ihm auf dem Weg durch den Flur.
Ihr könnt Colin nicht herzaubern... Kei nickte und ging ihm
nach.
Delilah und Rupert winkten und gingen in eine andere Richtung,
während Dennis an einem sehr nahen Zimmer haltmachte. Der Raum war
nicht besonders groß, aber sehr edel und antik eingerichtet. Der
Parkettboden war mit dicken Teppichen ausgelegt und zwischen zwei
hohen Fenstern stand ein großes Himmelbett mit verdammt vielen
Kissen darauf. Es gab noch andere Einrichtungsgegenstände, wie einen
kleinen Schreibtisch, einen Kleiderschrank, ein Bücherregal und eine
Kommode mit Spiegel, vor der ein gepolsterter Stuhl stand. Durch die
Fenster blickte man auf den riesigen Park und konnte links ein paar
Lichter der kleinen Stadt Lancaster sehen.
„Wir halten ab sofort Ausschau nach allem, was auf Colin hindeuten
könnte,“ versicherte Dennis ihm. „Direkt nebenan ist ein
Badezimmer. Durch diese Tür hier. Das hast du für dich allein.“
Kei ließ den Rucksack auf den Boden fallen, sich aufs Bett und
bedankte sich für den Badhinweis. Duschen. Und das lange. Das hatte
er vermisst.
„Mein Schwert macht euch nicht nervös genug um es mir wegzunehmen
zu versuchen, oder?“
Dennis lachte leise. „Nein, es beruhigt mich eher, dass du wehrhaft
bist.“ Er wandte sich zum Kleiderschrank. „Die Sachen da drin
kannst du auch benutzen. ... Ach. Falls du darauf angespielt hast,
dass wir uns vor dir fürchten sollen...“ Er schmunzelte Kei
enigmatisch an. „Was hättest du für einen Grund, deine einzigen
Verbündeten umzubringen?“
„Ich habe noch keinen, aber ihr könntet einen Grund haben, mich zu
entwaffnen.“
„Der da wäre?“
„Ich kann keine Gedanken lesen. Ich weiß nicht, ob das, was ihr
erzählt alles so wahr ist. Auch, wenn es schlüssig ist.“ Mir
wurde schon zu viel Scheiße erzählt um euch zu vertrauen.
‚Es ist wahr. Aber es ist vernünftig, misstrauisch zu bleiben,‘
tönte Dennis‘ Stimme. Er lächelte. Sein Mund hatte sich nicht
bewegt. Kei stutzte und schaute für einen kleinen Moment verwirrt
drein. Ich muss mich dringend ausruhen...
Dennis grinste. „Gute Nacht!“
„Oyasumi.“
Dennis verließ das Zimmer und schloss die Tür. Seine Schritte
entfernten sich. Kei zog seine Kleidung fast ganz aus und legte sich
dann wieder hin.
Die nächsten Stunden verbrachte er damit, die Decke anzustarren.
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