Sunday, July 9, 2017

Kei + Colin LXXXVIII: Nicht so der Hinterherrenntyp

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Vorsichtig, wegen nutzungsbedingter Empfindlichkeit, packte Colin sich wieder ein und stand auf. Seine Hand wischte er ohne nachzudenken an der Hose ab, dann fluchte er leise, als man die glitschige Feuchtigkeit auf dem dunklen Stoff sehr gut sehen konnte, selbst in diesem Halbdunkel. Sein T-shirt schien zum Verdecken zu kurz zu sein, also legte er einfach die Hand auf die Stelle und ging so ins Badezimmer.
Kei zupfte ein wenig auf der Gitarre herum. „Hat‘s dir gefallen?“ fragte er ins Badezimmer, noch immer grinsend, halb wegen der Bilder, die er sich ausgemalt hatte, halb wegen der Drogen.
Colin hatte gerade Keis Tür schließen wollen, nur deshalb stand er da. Nur deshalb. Er war nicht dazu in der Verfassung mit ihm zu reden. Überhaupt nicht. Er wusste nicht, ob er gerade rot wurde, aber es fühlte sich verdammt noch mal so an. Was musste der Penner so blöd grinsen? Es war unmöglich, dass er etwas gesehen oder gehört hatte.
Versteinert stand Colin da, mit vor Verlegenheit verzweifeltem Gesicht, und starrte Kei an - obwohl er gerade das nicht wollte - um herauszufinden, ob Kei auf mehr anspielte als seine Musik. Er wollte ihm antworten, vielleicht sagen dass er richtig gut singen und spielen konnte, und das stimmte ja auch, aber als er den Mund öffnete, kam nichts heraus, also schloss er ihn wieder.
„Ich werte das als Ja,“ grinste Kei Colin an. Dass seine Boxershorts ebenfalls etwas eng geworden waren, sah man nicht, weil er die Gitarre auf den Beinen liegen hatte. Colin schauderte und es sah fast so aus, als werde er wütend, als er plötzlich mit scharfem Blick tief einatmete und es endlich fertigbrachte, die Tür zuzumachen.
Anstatt sich sofort ans Waschen zu machen, setzte er sich auf den Badewannenrand. Shit. Shit. He's turning me on. And he knows that. Shit. Entgeistert starrte er vor sich auf die Marmorplatte, in der sich das Waschbecken befand.

Kei legte die Gitarre beiseite und lauschte ein wenig in den Raum hinein. Zu gern würde er jetzt Colins Gesicht sehen.

In leichter, nur ganz leichter Panik rubbelte Colin sich über den Kopf, der schon wieder lockig war aber in punkto Haarwuchs immer noch viel Arbeit vor sich hatte, murmelte dann „Sod it. Stupid wanker,“ und stand auf, nahm sich einen nassen Waschlappen aus der Dusche und riss sich die Hose herunter.

Kei widmete sich seinen eigenen, colinlastigen Gedanken, wobei es ihm herzlich egal war, ob der Kleinere ihn hören konnte oder nicht.
Konnte er allerdings. Sich abzuwischen, wieder anzuziehen und den Waschlappen auszuwaschen brauchte schließlich keine zwei Minuten. Danach lauschte er stirnrunzelnd vor Verwirrung an der Tür und fragte sich dabei, ob Kei das jetzt mit Absicht machte, um sich über ihn lustig zu machen. Oder ob er wirklich gerade – es klang nicht so, als beliebte Kei gerade zu scherzen. Kei war ernsthaft dabei, sich einen runterzuholen, nachdem er sich offenbar bewusst war, dass Colin das gerade getan hatte, und hatte das jetzt etwas mit ihm zu tun? Wahrscheinlich. Wirklich? Inwiefern?
Er musste da nicht zuhören.
Tat es trotzdem.
Das war nicht besonders aufschlussreich in Bezug auf seine Fragen, aber dennoch ungemein interessant...

Es kümmerte Kei nicht, dass Colin lauschte, aber er wusste es. Der Kleinere war nicht wieder in sein Zimmer gegangen.

So I reckon after this, maybe he'll make a move soon, sinnierte Colin, während er da an der Tür lehnte und sein Gesicht brennen spürte. Er stellte sich Keis Gesicht vor, während es diese Geräusche machte. Und er stellte sich das vor, was er noch nicht gesehen hatte. That is, if he still fancies me.

Es brauchte nicht viel Zeit bis Kei sich einen Orgasmus und damit einhergehende Erleichterung verschafft hatte.

What should I do then? Wenn Kei tatsächlich in ihn verliebt war und damit auf ihn zukam, was konnte Colin ihm dann sagen? ‚Alles klar, Baby, du bist heiß also yeah come on.‘ Ha.
Colins Stirn fühlte sich auch heiß an. Und die Tür kühl.

Kei drehte sich auf die Seite und hing weiter seinen Gedanken nach - und belauschte das Badezimmer. Colin war da immer noch drin.

Nachdem die Geräusche, die ihn so an seine Verlegenheit gekettet hatten, verstummt waren, wartete Colin noch kurz, ehe er sich von der Tür abstieß und in sein Zimmer zurückging.

~

Kei fiel nicht auf, dass Rupert nicht da war, da er gemeinsame Mahlzeiten meist vermied. Rauchen durfte er beim Frühstück ja nicht, also tat er das draußen. So wie an diesem Morgen. Es war noch früh, gerade einmal sieben Uhr, als er, nur mit Jeans und offenen Springerstiefeln bekleidet, vor der Tür stand und dem Schloß beim Wachwerden zuhörte. Danach vertrieb er sich die Zeit damit, sich neue Zigaretten kaufen zu gehen, nachdem er sich noch ein T-shirt angezogen hatte. Die Verkäuferin fragte ihn lediglich, ob er sich in der Jahreszeit geirrt habe, weil er in T-shirt und mit Sonnenbrille herumlief.
Als er zurückkam, hörte er Colin spielen.

Nach seinem einsamen Frühstück in der Küche – die Köchin war noch nicht da, wenn sie heute nicht gar ganz frei hatte – übte Colin den restlichen Vormittag lang Geige in seinem Zimmer. Er wusste nicht, ob Sakai in seinem Zimmer war und hätte diesen Umstand auch ignoriert, wenn der Vampir friedlich geschlafen hätte. Der zusätzliche Raum zwischen ihnen und seine beiden geschlossenen Türen mussten zum Dämpfen ausreichen, und wenn das für Sakais offenbar überempfindliches Gehör nicht genug war, hatte er eben Pech gehabt. Colin spielte lange und laut, und probierte neben bekannten Stücken auch abenteuerlich Neues aus. Dazu gehörte auch die Melodie von (Everything), das er auf einer von Angels CDs gehört hatte und ziemlich gut fand.
Das Stück, das er vor einer Weile für Kei geschrieben hatte, war unverkennbar, nur spielte er es ungewohnt stockend, so als würde er es gerade zum zweiten oder dritten Mal von einem Notenblatt abspielen. Das gab sich nach ein paar Minuten, doch trotzdem veränderte er testweise zwischendurch Rhythmus, Lautstärke und Geschwindigkeit.
Kei blieb vor Colins Tür stehen und lauschte ein paar Minuten, nachdem er das Stück erkannt hatte.
Als er die Melodie drauf hatte, scheinbar so wie er mochte, sponn Colin sie weiter und improvisierte etwas längeres, in das er (Everything) immer wieder einband. Das ergab bald ein langsames, sehr keltisch und melancholisch klingendes Stück.
Kei entschied, nicht länger vor Colins Tür stehenzubleiben um zuzuhören. Irgendwann ging er in sein eigenes Zimmer, denn er fand es schwachsinnig, vor der Tür zu stehen, wenn er ihn auch von seinem Zimmer aus gut hören konnte.

Gegen Mittag hörte Colin auf und verließ sein Zimmer. Er war zwar daran gewöhnt, allein zu sein und stundenlang eine Sache zu machen, aber einen ganzen Tag lang ging das nicht. Mit dem Dickensroman in der Manteltasche begab er sich nach draußen. Der Irrgarten hinter dem Schloss hatte Bänke, Skulpturen und Beete, die auch jetzt in der grauen Kälte schön aussahen.

Kei ging kurze Zeit später umgezogen hinaus. Er trug Shorts und ein altes Paar Schuhe von Dennis, um mit Delilah zu trainieren. Seine Halbschwester war der Meinung, dass Kei noch um Einiges schneller werden musste, wenn er eine wirkliche Chance haben wollte. Kei sollte lernen, Angriffe vorauszuahnen und so einen effektiveren Konterschlag zu landen. Die Übung war einfach: Delilah griff ihn auf verschiedene Weise an und er durfte sich nicht treffen lassen.
Es war nicht laut. Es machte nicht einmal nennenswerte Geräusche, die durch die Hecken bis zu Colin vordrangen. Doch es waren unerwartete Geräusche. Keiner von ihnen stöhnte oder keuchte laut genug, wenn überhaupt, und da keine Waffen außer Delilahs Händen im Spiel waren, gab es kein Klappern und Krachen, das Colin auf das Training aufmerksam machte. Es war etwas weicheres und dezenteres, aber es war da. Also stand er von seiner Bank auf, wo er gerade mal drei Seiten geschafft hatte, ehe ihm das dumpfe Rascheln keine Ruhe mehr ließ, und suchte sich einen Weg aus dem Labyrinth, in der Richtung, aus der die Geräusche kamen. Als er schließlich eine Öffnung in der äußeren Hecke gefunden hatte, blieb er in ihr stehen und sah zu.
Da war Delilah damit beschäftigt, auf Kei einzudreschen und ihn zu verfehlen. Aber nicht immer. Sie landete ein paar sehr schmerzhaft aussehende Treffer in Keis Brustkorbgegend und auf seinen Oberschenkeln. Kei sah ein wenig verprügelt und frustriert aus, weil Delilah ihn deutlich häufiger traf, als er gut finden konnte. Sich darüber aufzuregen brachte nichts. Außer noch mehr Prügel. Er schien Colin nicht zu bemerken. Seine ganze Konzentration lag hinter ihm. Delilah griff ihn von hinten an. Kei wich nach links unten aus und warf sie über die Schulter.
Colin grinste. Innerlich jubelte er.
Die Erinnerung an Keis zerschundenen Zustand, jedesmal wenn er mit Delilah ‚trainiert‘ hatte, war sehr präsent und frisch. Und tat ihm merkwürdigerweise leid. Jede kleine Verletzung, jeder winzige Papierschnitt und jede Aufschürfung an seinem eigenen Körper heilte innerhalb von Sekunden, höchstens Minuten, und laut Dennis lag das daran, dass Kei ihn mochte. Das kam Colin ziemlich ungerecht vor. Er mochte Kei schließlich au-eeer mochte ihn. Wenn er ihre so unterschiedlichen täglichen Aktivitäten bedachte, hätte er sofort mit Kei getauscht. Der Vampir brauchte die rasche Regeneration dringender. Im Augenblick blieb ihm natürlich nichts, als zu hoffen, dass Delilahs rauhe Behandlung wenigstens keine bleibenden Schäden bei Kei hinterließ. Dass sein Herz dabei zwischendurch aussetzte oder ein bisschen zu schnell schlug, während er zuguckte, war da doch ganz natürlich.
Während Kei Delilah warf, trat sie ihm gegen den Kopf, damit er losließ.
Das ging noch eine ganze Weile so weiter. Er wurde mit der Zeit besser und schneller, musste aber zwischendurch immer wieder harte Treffer einstecken. Delilahs Blick sprach offensichtlich: ‚Mach‘s richtig, dann tut‘s nicht weh.‘
Der von der Irrgartenhecke aus starrende Colin hoffte und fieberte weiter mit. Der eine oder andere Schlag ins Gesicht oder andere empfindliche Stellen ließ ihn beinahe zusammenzucken und jeder vereitelte Angriff ließ sein Herz hüpfen. Mit der Zeit fürchtete er immer weniger um Keis Unversehrtheit. Das war nicht nötig. Dafür war Kei zu geschickt. Stattdessen ging Colin von sich selbst unbemerkt dazu über, die beiden einfach nur zu bewundern.
Und seine Wangen waren einfach zu warm für diese Außentemperatur.

Nach einer weiteren Stunde - mittlerweile blutete Kei im Gesicht - beendeten sie das Training für den Tag. Delilah packte Kei beim Unterarm und klopfte ihm auf die Schulter, nachdem sie ihre Hände ausgeschüttelt hatte.
Colin verschränkte die Arme, mit dem Buch darin. Ihm war kalt. Aber auf seinem brennenden Gesicht war der eisige Wind eine Wohltat. Und er hoffte, dass Kei trotz dieser Behandlung nicht wieder so zerstört war wie in der Nacht, in der Dennis und er ihn aufgeklärt hatten.
Kei hatte ein leichtes, zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Er verabschiedete sich mit leichter Verbeugung und drehte sich um. Erst dann fiel ihm Colin auf.
„Stehst du da schon lange?“
Colin zog etwas die Schultern hoch, weil er aufgrund der Entfernung nicht genug verstanden hatte, um zu antworten. Das ging nahtlos in ein kurzes Schaudern über. Hey, es war kalt. Das konnte man seinem Gesicht auch ansehen, obwohl die Röte auch von woandersher stammen konnte.
Er lächelte nervös.
„Stalker.“ Kei wischte sich das Blut mit seinem T-shirt vom Gesicht, während er in Richtung Colin schlenderte.
„... Was?“ sagte Colin leise, als er näherkam. Das Blut und vor allem seine Menge waren nun deutlicher zu sehen. Vielleicht waren Colins Augen ein bisschen geweitet, als er Keis Gesicht musterte.
„Stalker. Du.“ Kei blieb vor Colin stehen und spürte schon wieder Blut sein Gesicht hinunterlaufen, wo er es gerade erst abgewischt hatte.
„Wieso?“ fragte Colin abwesend, während er ein Papiertaschentuch aus einem Päckchen in seiner Manteltasche fingerte und es Kei reichte.
„Du tauchst einfach auf und siehst zu, wie ich verprügelt werde.“ Er nahm das Taschentuch und drückte es auf die größte Wunde in seinem Gesicht. In ein paar Stunden sollte das wieder weg sein.
Tatsächlich war die Wunde aber bereits geschlossen und hatte sich auf einen kleinen, blassen Bluterguss reduziert, sobald er das Taschentuch wieder herunternahm. Colin sah die Stelle auf Keis Wangenknochen an.
„Ich war dahinten,“ sagte er leise und nickte nur andeutungsweise zur Seite, was eigentlich keine bestimmte Richtung spezifizierte. Er musste nämlich weiter Keis Gesicht mustern. „... Ich habe gelesen,“ fügte er verlegen murmelnd hinzu.
Kei wischte mit dem Taschentuch noch einmal über sein Gesicht, nur um festzustellen, dass das Blut wirklich nicht mehr lief und die Haut wieder geschlossen war.
Das ging schnell, dachte Kei bei sich. Das war gut. „Ah.“
Langsam nickte Colin. Dass Kei gemerkt hatte, dass seine Wunden schon größtenteils verheilt waren, war ihm nicht entgangen. Nun lauerte er mit etwas besorgtem Gesichtsausdruck auf die nächste Erkenntnis. Er wusste nicht, ob er sie jetzt schon auf Keis Gesicht sehen wollte. Aber der Junge war ja nicht blöd. Er würde schnell den gleichen Schluss wie Colin ziehen.
Und das tat er auch.
Er ließ den Kleineren diesen Aha-Effekt aber nicht sehen. Das musste jetzt nicht sein. Stattdessen musterte er Colins Gesicht. Besorgnis. Warum?
Die Stille war grausam.
Colins Fingerkuppen kratzten verkrampft über den Stoffeinband des Buches, das er immer noch wie einen Schild auf seinen Brustkorb drückte.
„... Das gestern...“ Das Konzert! Sag, dass du das Konzert meinst! „Also, das Konzert...“
„Was ist damit?“ fragte Kei und deutete in Richtung Schloss, weil er losgehen wollte.
Dankbar setzte sich Colin in Bewegung. Eilig zuerst, aber dann passte er seine Geschwindigkeit schnell an und wurde langsamer. Er wollte nicht aussehen, als liefe er weg.
„Das war schön,“ murmelte er leise. Das hast du gestern schon gesagt, Idiot!
„Das sagtest du bereits,“ grinste Kei, Colins Gedanken wiederholend.
Colin nickte. „War's auch...“ Ich bin so bescheuert.
„Machen wir nochmal,“ bot Kei an.
„Das wäre... cool...“ Colin kniff die Augen zusammen. Was er sagte und wie er es sagte taten ihm selbst weh.
Kei brachte es innerlich etwas zum Lachen. Was so ein Gedächtnisverlust alles anstellen konnte war schon bemerkenswert.
Wenigstens schien Kei das peinliche abwechselnde Wichsereignis von letzter Nacht nicht ansprechen zu wollen, stellte Colin mit einem vorsichtigen Seitenblick fest. Er wusste nicht, ob er das überleben würde. Ob er das überleben wollen würde.

Im Flur mit ihren Zimmern angekommen, öffnete Kei seine Tür. „Ich geh‘ duschen.“
Colins Gesicht sah etwas hilflos aus. Man konnte ihm seine Gedanken fast ansehen. Na danke. Kopfkino habe ich ja so dringend nötig.
Mit leichtem Grinsen nach einem Blick in Colins Gesicht verschwand Kei mit den Worten „Gern geschehen“ in seinem Zimmer.
„Gern gesch- was, warte, wofür?!“
„Dein Kopfkino. Hab ich gern gemacht,“ rief Kei durch den Raum und verschwand im Bad, um Blutkruste und Dreck wieder loszuwerden.
„Hey! Telepathie ist unfair!“
„Gut möglich!“ Kei machte das Wasser an.
„... Penner!“
Colin stampfte davon.

Nach dem Duschen ging Kei in sein Zimmer und spielte etwas auf seiner Gitarre herum. Am Abend, nach einer anstrengenden Trainingssession mit Dennis - draußen war es bereits dunkel - schlenderte er durch den Irrgarten. Er achtete nicht darauf, wo er entlangging, da er das nicht nötig hatte. In manchen Dingen war Colins Gedächtnisverlust wirklich amüsant - aus seiner Position betrachtet zumindest - aber für Colin musste es arg scheiße sein, zu wissen, dass alle mehr wussten als er selbst. Kei versuchte sich das vorzustellen, scheiterte aber daran. Irgendwie flößte ihm das eine andere Art Respekt vor seinem Freund ein. Zu wissen, dass das Leben anders verlaufen ist, als man sich selbst erinnert - Erzählungen hin oder her - musste scheiße sein.
Der Irrgarten war nicht sehr hell beleuchtet und ein kleines bisschen neblig, was ihm einen fantastischen, traumartigen Schleier verpasste, wenn man ihn so im Dunkeln durchstreifte.
Derweil befand sich der Gegenstand seiner Überlegung ganz in der Nähe.
Das Abendbrot hatte Colin diesmal ausgelassen. Mit so wenig zu tun wurde er kaum hungrig, und ohne Rupert, der schon seit ein paar Tagen verreist war, fand er es blödsinnig, sich an einen gedeckten Tisch zu setzen, um da ganz allein eine Scheibe Toast und eine Tasse Tee zu verdrücken und dann wieder aufzustehen. Das hielt die Köchin zwar nicht davon ab, herzukommen und irgendwelche Sachen in der Küche zu veranstalten, aber sie musste ihn immerhin nicht bewirten.
Als ihm in seinem Zimmer vor lauter Lesen und schrecklicher geistiger Unruhe die Denke auf den Kopf gefallen war, hatte er sich aus dem Spielzimmer einen alten mp3-player und Kopfhörer genommen und wanderte nun damit gemächlich die Terrassentreppe hinunter. Das Gerät schien nur mit Folk vollgeladen zu sein. Also, mit der keltischen Version aus Dudelsäcken, Harfen und Violas.
Damit war er einverstanden. Es passte zu seiner Umgebung. Ein leichter Dunst verwischte die ohnehin schon spärliche Laternenbeleuchtung des Labyrinths und sorgte für die passende Atmosphäre.
Ich träume ja sowieso.
Sehr langsam spazierte Colin ziellos zwischen den hohen Hecken umher. Bei jedem überwucherten Tor, jeder Laterne und jeder lichten Stelle mit Statue und Blumenbeet oder einem kleinen Teich machte er halt, um sich ruhig umzusehen. Es war so schön friedlich.
Kei hatte keine Musik dabei. Er war jedes Mal überrascht, wie groß der Irrgarten doch war, obwohl er ihn eigentlich schon auswendig kennen müsste. Irgendwer war noch dort. Kei hörte leise Schritte in seiner Nähe. Langsam ging er in die Richtung aus der sie kamen. Sie verstummten, als sich links vor ihm eine Öffnung in der Hecke auftat, die auf einen winzigen quadratischen Platz führte. Hier stand inmitten eines ebenso quadratischen, gefliesten Tümpels mit ein paar vertrockneten Halmen darin eine kleine, dünne Metallfigur in Form einer Frau, die einen Kübel im Arm trug. Außerdem stand hier nur noch eine niedrige Steinbank, beinahe direkt neben dem schwarzen Tümpel, in dem sich dunstig der Himmel spiegelte. Darauf saß Colin, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und den gedankenverlorenen Blick auf die Wasseroberfläche gerichtet. Er trug altmodische Kopfhörer mit einem dünnen Blechgestell.
Kei besah sich seine Umgebung etwas genauer bis sein Blick auf Colin hängenblieb. Er folgte seinem Blick auf den schwarzen Tümpel an und näherte sich leise. Zwischendurch schaute er zu Colin um zu sehen, ob dieser ihn in seinem versunkenen Zustand bemerkt hatte, und blieb schließlich am Rande seines Blickfeldes stehen.
Es dauerte ein bisschen, aber irgendwann zuckte Colins Blick zu Kei hoch und wandelte sich schlagartig von nachdenklich und verträumt zu etwas besorgterem. Er sah wieder auf den Teich hinunter.
Wenn Kei etwas gesagt oder gefragt hatte, konnte die Musik ihn übertönt haben - und Colin wollte es auch überhaupt nicht wissen. Er war nicht dazu in der Stimmung, aufgezogen zu werden.
Kei musterte ihn kurz. Mit einem Ausdruck, der vermuten ließ, dass ihn irgendetwas störte. Er setzte sich in Sichtweite an den Tümpel und ließ den Kleineren ansonsten in Ruhe. Der junge Vampir wurde Teil der Landschaft, und sein nebliges, halbes Spiegelbild wurde wie der Rest des Wassers angestarrt.
Nach ein paar Minuten wischte Colin sich einmal über die Augen. Kei betrachtete ihn hin und wieder, widmete seine Aufmerksamkeit aber lieber der gesamten Umgebung. Er wollte wissen, was die Besorgnis in Colins Blick verursacht hatte, wollte aber nicht fragen, da der Kleinere nicht schien, als wünschte er gerade, gestört zu werden. Genau das tat Kei allerdings gerne. Colin stören, aus dem Konzept bringen und seine Aufmerksamkeit einfordern. Dass er das nicht konnte, wie er wollte, war scheiße.
Er schien ihn weiter zu ignorieren. Als sei Kei überhaupt nicht da, legte Colin irgendwann niedergeschlagen das Gesicht auf die Arme zwischen seinen Knien und schniefte kurz. Kei sah ihm dabei zu. Er versuchte gar nicht herauszufinden, was los war. Auch Colins Gedanken ließ er in Ruhe. Irgendetwas dem Anstand ähnliches, das niemand außer Colin hervorbringen konnte, und auch der nicht immer, hielt ihn davon ab.
Es verstrichen noch mehr lange Minuten zwischen Nebel und Dunkelheit.
„Sakai,“ sagte Colin schließlich leise, ohne den Kopf zu heben.
Der drehte sich um. Colin nannte ihn beim Nachnamen? Das passierte selten. „Hm?“
„Ist meine Mutter wirklich tot?“ Mit dem Gesicht auf den Armen.
„Ja, ist sie.“ Kei sah auf. Sie ist wirklich tot. Egal, welche Version du glaubst.
„... Es war aber kein Autounfall, oder?“
„Nein, war‘s nicht.“
Colin hob den Kopf und stützte ihn auf eine Hand. Als er Kei ansah, konnte dieser sehen, dass er nasse Augen hatte.
„Die Instanz?“ fragte er gelassen.
„Ja. Die Typen, die ich an dem Tag in deinem Garten getötet habe, waren es nicht.“
Colin runzelte die Stirn und blinzelte langsam. „Du hast in meinem Garten Typen getötet? Warum?“
„Sie haben's darauf angelegt.“ Das klang so, als hätte Kei sie nur geschlagen.
„Was heißt das?“ fragte Colin schmunzelnd.
„Die waren plötzlich da, haben Scheiße geredet und sind mit ner Knarre auf mich los. Dann hatte ich ein Katana aus deinem Haus geliehen und naja, dann waren da Leichen und du hast die Kugel aus meinem Körper geholt.“
Immer noch stirnrunzelnd nickte Colin ein paar Sekunden nachdem Kei geendet hatte. „Erzähl mir bitte nie eine Gutenachtgeschichte. Warum habe ich dich nicht ins Krankenhaus gebracht?“
„Das schien dir nicht in den Sinn gekommen zu sein.“ Kei hatte einen sehr zweideutigen Gesichtsausdruck. „Das selbst zu übernehmen hat dir besser gefallen.“
Colin wirkte unbeeindruckt. „Ich dachte, ich könnte dir eine Kugel aus dem Körper operieren? Im Ernst? Warum bist du nicht verkrüppelt?“
„Ich wäre auch mit Kugel im Körper nicht verkrüppelt. Du hast sie rausoperiert und dich daran aufgegeilt, dass ich Schmerzen hatte.“
Colins Augenbrauen flogen hoch. „... Naja, du sagtest ja: ‚Liebe, Sex und Chaos‘...“
„Ich hab‘ die Gewalt vergessen, die uns irgendwie gefolgt ist.“ Und die Leichen, aber hey! Irgendwas muss für die Gutenachtgeschichte bleiben... Kei grinste.
Colin machte wieder ein müdes Gesicht. Nicht schläfrig, sondern einfach nur lustlos. „Magst du mich jetzt auch noch?“ fragte er matt.
„Ja.“ Ich würde nicht hier sitzen, wenn nicht...
„So wie vorher?“
„Wärst du traurig, wenn nicht?“ Darum brauchte Colin sich nicht zu sorgen. Das einzige, was für Kei schwierig war, war damit umzugehen, dass Colins Gedächtnis Mist war.
„Weiß nicht. Tust du?“ Er legte die Hände auf die Knie.
„Traurig sein?“ Dafür müsste man wissen, wie man sich fühlt, wenn man traurig ist. Das wusste Kei nicht.
„Nein. Magst du mich so wie vorher? Bevor Dennis mein Gehirn renoviert hat.“
Renoviert... Das passt. „Ja.“
„Das versteckst du gut.“ Colin musterte ihn.
„Ich bin nicht so der Hinterherrenntyp,“ war Keis Antwort darauf. Keine besonders ausführliche, aber eine, mit der Colin sicher etwas anzufangen wusste.
Colin entgegnete nichts. Für eine Weile. Er musterte Kei nur. Kei musterte Colin seinerseits ohne vom Fußboden aufzustehen auf dem er saß. Er wartete auf eine, wie auch immer geartete, Reaktion von Colin. Die ließ einige Minuten auf sich warten. Colins Blick wandte sich wieder auf das Wasser. Er sah ernst und immer noch nachdenklich, aber für seine Verhältnisse recht gelassen aus.
„Dann bist du so zufrieden?“ fragte er schließlich und zog sich die Kopfhörer herunter, sodass sie ihm wie eine Torke um den Hals hingen.
„Nein.“ Kei musterte ihn weiter.
„Was macht dich unzufrieden?“ Colin sah ihn unverwandt an. Von seinem Gesicht ließ sich kein bestimmter Ausdruck ablesen. Vielleicht hatte es auch gar keinen. Aus seinen Kopfhörern schwebte leises Harfengeklimper. Kei ließ mit seiner Antwort auf sich warten. Unzufrieden war zu harmlos um zu beschreiben, was in ihm vorging.
„Dass du dich nicht an die letzen Jahre erinnern kannst. Ich kann dir zwar Dinge erzählen, aber das ist so, als würde ich mir was ausdenken. In deinem Leben nie passiert.“ Wären es Wochen oder Monate gewesen, wäre die Welt noch fast in Ordnung.
Langsam schüttelte Colin den Kopf.
„Ich wäre am Boden zerstört,“ sagte er.
„Ablenkung. Viel davon,“ entgegnete Kei ruhig. Ablenkung hielt ihn davon ab, am Boden zerstört zu sein und davon, sehr dumme Sachen anzustellen.
Mit trockenem Blick schaute Colin in diesem hochumwachsenen, finsteren Eckchen um sich. „Nachts, mit mir allein, ein tiefschürfendes Gespräch... das ist ja mal richtige Ablenkung. Weißt du... Ich weiß natürlich nicht, ob du das weißt... Ich hab‘ mich echt vor dir gefürchtet. Du warst so... wütend, als ich deine Münze hatte. Ich dachte wirklich, du trittst mich bei der nächsten Gelegenheit dafür zusammen. Und jetzt bist du mein einziger Freund.“
Kei starrte ihn an. Wow. Brilliant. Das ist so lange her aber scheinbar das letzte, woran du dich erinnerst.
„Ich hab‘ dich schon mal zusammengeschlagen. Aber nicht deswegen,“ sagte er.
„Warum?“ Colins Blick war nun wacher. Neugierig, wie jedesmal in den vergangenen Tagen, wenn er versucht hatte, den Einsilbigen über die zwei verlorenen Jahre auszufragen.
„Ich war sauer auf dich, also wirklich sauer.“
„Warum?“ fragte Colin gespannt. Er beugte sich vor und stützte das Kinn auf eine Hand.
Kei erzählte ihm, was in der Nacht nach Neujahr in Tokyo passiert war, ohne Details wegzulassen. Er erzählte ihm auch, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass sie sich auf dem Spielplatz begegnet waren.
Du hattest recht. Wir hätten an dem einen Montag einfach an meiner Wand stehenbleiben sollen, dachte Kei bei sich.
Colin hörte gebannt zu und starrte ihn danach weiter fasziniert an. Es war so merkwürdig, Geschichten über sich selbst zu hören, ohne damit etwas verbinden zu können. Und noch seltsamer war der Inhalt dieser Geschichte. Kei und er waren verliebt gewesen und dennoch hatte er mit irgendeinem dahergelaufenen Menschen geschlafen. Wegen der Drogen vielleicht - Kei hatte Berauschtheit erwähnt. Aber er, Colin, war anscheinend richtig verzweifelt gewesen.
Und noch etwas anderes beschäftigte ihn.
Keis Wut.
Du hast mich richtig... richtig zusammengeschlagen,“ flüsterte er.
Ja. Und dann bin ich weggegangen und hab‘ dich liegenlassen.“ Kei bereute das bis zu diesem Tage nicht. Er wusste, dass es nicht richtig war, aber Reue war etwas, das Kei äußerst selten verspürte.
I see...“ sagte Colin leise und blickte auf den Boden zwischen seinen Füßen. In Wahrheit verstand er kaum etwas.
Kei ließ sich rückwärts auf den Boden fallen und blickte gen Himmel. „Eine weitere Geschichte aus einem Leben, das du nicht kennst.“ Das musste frustrierend sein.
Warum erzählst du mir sowas?“ Colins Stimme klang ein wenig trotzig. Das lag aber nur an seiner Verwirrung. „Das ergibt keinen Sinn.“
Weil du‘s wissen sollst. Ich will nicht der einzige sein, der das weiß.“ Auch, wenn es keinen Unterschied macht.
Ich weiß es aber nicht.“ Er klang nun wirklich beinahe beleidigt. „Jetzt kenne ich die Anekdote, aber ich werde sie nie erlebt haben. Mir sowas zu erzählen, wenn du noch was von mir willst, ist doch echt schwachsinnig.“
Kann sein. Vielleicht will ich einfach nicht, dass du ein falsches Bild von mir hast.“ Falsch in dem Sinne, dass Colins Erinnerungen an Kei nicht viele waren und das, was er an Bild von ihm hatte, ziemlich unvollständig war.
Du meinst, ich könnte dich versehentlich für nett halten? Das wäre ja schrecklich. Gott bewahre,“ schnaubte Colin genervt.
Auf Keis Gesicht lag ein leises Lächeln. „Das wäre unheimlich.“
Mit einem verächtlich klingenden Ausatmen stand Colin auf. „Weißt du, was dein wahres Problem ist?“
Du wirst es mir sicherlich erzählen.“
Du bist ein Angeber. Und du gibst mit den falschen Sachen an. ... Es gibt keinen hässlicheren Charakterzug,“ sagte Colin mit herausforderndem Blick.
Kei musterte ihn. Was wird das jetzt? Er erwiderte darauf nichts. Dazu ließ Colin ihm sowieso kaum Gelegenheit.
„Du scherst dich einen Dreck um die Schule oder um andere Menschen.“ Scheinbar hatte er vergessen, dass Kei kein Mensch war. „Du sagst zwischendurch ernste Sachen, aber du meinst sie nicht ernst. Als würde dich dein eigenes Leben nichts angehen, geschweige denn irgendwelche anderen Menschen. Ich muss ja geisteskrank gewesen sein, mich mit dir einzulassen. Wenn das alles überhaupt stimmt. Ich kaufe dir ab, dass du mich nicht verabscheust, aber das ist auch alles.“ Er breitete die Arme aus. „Denn so gehst du mit mir um, und mit Rupert, Dennis, Delilah... Du hasst uns immerhin nicht. Und das war‘s dann auch.“
Mit einem hatte Colin Recht: Schule und Menschen waren Kei egal. Colin war ihm nicht egal. Delilah und Dennis auch nicht. Nicht einmal Rupert war ihm egal. Also, nicht völlig.
„Wie schön, dass du das alles weißt, wo du mich ja so gut kennst.“ Der Sarkasmus war mehr als offensichtlich. Du hast keine Ahnung. Kei nahm Colin nicht einmal übel, dass er so von ihm dachte, schließlich erinnerte der Kleinere sich an nichts, das ihn von einer anderen Meinung überzeugen konnte. Und Kei machte keine großen Anstalten das zu ändern.
Wieder schnaubte Colin, entrüstet diesmal. „Ich kenne dich so gut, wie du dich mir vorgestellt hast.“ Er wollte noch viel mehr sagen, wusste aber nicht genau, was, und anstatt sich die Blöße zu geben, indem er hilflos nach Worten suchte und blöd herumstammelte, drehte er sich schwungvoll um und marschierte auf eine der zwei Heckenöffnungen zu.
„Rechts lang, wenn du dich verlaufen willst,“ kommentierte Kei Colins entrüstete Anstalten zu verschwinden. „Du weißt doch gar nicht, was ich von den anderen denke. Du behauptest einfach, mir sei alles egal.“ Kei dachte mehr laut als dass er wirklich mit Colin sprach, da er davon ausging, dass der Kleinere trotzig verschwinden würde um irgendwo zu schmollen. Doch er blieb stehen und drehte sich wieder um.
„Ja. Das behaupte ich. Aber ausgedacht habe ich mir das nicht. Du“ - und bei diesem Wort zeigte er mit dem Finger auf Kei - „benimmst dich so. Und wenn du den Mund aufmachst, kommen meistens nur Ja, Nein, oder gesammelte Stichpunkte heraus. Ich habe dich seit ich hier bin so oft ausgefragt, wie ich es gewagt habe.“ Colin sprach ernst und streng, wirkte aber überhaupt nicht aufgebracht. Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich hatte den Eindruck, du wärst auf eine merkwürdige Art nett zu mir, besonders gestern. Aber die ganze Zeit war mir nicht bewusst gewesen, was du und ich angeblich gewesen sein sollen. Der Sakai aus der Schule lässt sich mit dir vereinbaren. Du bist etwas netter zu mir. Immer noch gewalttätig, aber nicht mehr von mir genervt.“ Die Musik aus seinen Kopfhörern mit ihrem leisen, blechernen Klang hörte auf. „Aber weder der Sakai in Japan noch der Sakai jetzt, hier, hat irgendwas mit jemandem zu tun, der -“ Er kniff die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. Er wusste genau, was er hatte sagen wollen, hatte es sich aber in letzer Sekunde anders überlegt. Er kam sich gerade so sachlich und gefasst vor, da wollte er nicht von Liebe, Freundschaft, Leidenschaft und solchen Säuseleien anfangen. Davon hatte er sowieso keine Ahnung. Er wusste nur sicher, dass seine Vorstellung von diesen Dingen nichts mit der Wirklichkeit gemein hatte, die er erlebte. Er steckte die Hände in die Jackentaschen und sah Kei direkt an. Ernst und eindringlich, aber scheinbar ruhig. Der Dunstschleier um sie herum in dieser diffusen Dunkelheit half dabei. Wie auch sein Abstand zu Kei. Diese Umstände machten es ihm leicht, Haltung zu bewahren.
Kei sah Colin eine Weile an.
Er überlegte, was er darauf antworten sollte. „Was erwartest du? Soll ich ständig mit den anderen zusammenstecken, damit du siehst, dass sie mir nicht egal sind? Soll ich deine Fragen, wenn du sie stellst, mit größten Emotionen beantworten,“ - Kei war mittlerweile aufgestanden - „damit du mir glaubst, was ich erzähle?“
Colin schien kurz nachzudenken und schüttelte dann langsam den Kopf.
„Ich glaube dir, was du erzählst.“
Diesmal war es Kei, der sich umdrehte. „Ich geh‘ wieder rein. Verlauf dich nicht,“ sagte er nach einer längeren Pause. Er hatte keine Lust auf Streit. Und so, wie er drauf war, würde es früher oder später dazu kommen. Er hatte auch keine Lust darauf, Colin gerade noch irgendetwas zu erzählen oder zu erklären. Der sah ihm nur wortlos nach, mit immer noch demselben nachdenklichen und ein wenig besorgten Gesichtsausdruck.



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