Wednesday, September 30, 2015

Kei + Colin XXXIII: Turmspitze



"Duschen?" Kei trottete zum Lichtschalter und sorgte für etwas mehr Helligkeit. Colin kniff die Augen etwas zusammen. Er wollte nicht duschen. Dass er an unanständigen Stellen feucht und klebrig war, fand er gut. Das wollte er noch nicht abwaschen. Entweder hat er einen Waschfimmel oder ich stinke unerträglich.
Letzterer Gedanke erschreckte ihn so, dass er nickte und zur Tür ging. Als Vampir hatte der Verrückte wahrscheinlich feinere Sinne als er selbst. Die Vorstellung war etwas unheimlich. Als er an Kei vorbei durch die Tür ging, hatte er also besorgt die Stirn gerunzelt. Kei musste lachen, als Colin da so an ihm vorbeiging.
"Was hast du denn für ein Problem? Ich will nur nicht durchgeschwitzt rausgehen." Der Vampir hatte noch etwas vor. Das konnte Colin nicht wissen, sollte er auch gar nicht, eigentlich. Denn Kei wollte dem Kleineren etwas zeigen. Colin hielt an und sah Kei an.
"Du musst weg?" Ach so. Dann muss ich sowieso gehen. "Dann kann ich mich ja auch gleich anziehen." Er ging zurück ins Zimmer.
"Warte, ich wollte dich mitnehmen. Aber es ist eine Überraschung."
Wieder hielt Colin inne, sah Kei an und kehrte wieder um.
Kei schüttelte innerlich den Kopf, was Colin wohl gerade dachte?
"Du musst ja nicht duschen, wenn du nicht willst," sagte er lachend. Er selbst mochte einfach Wasser gern, er ging auch gern schwimmen.
"Ist das dramatisch, wenn du nachts weg bist?"
"Ja," sagte Colin, als er in die Dusche kletterte. "Ich werde gleich anrufen müssen." Er fasste nochmal die glänzenden Flecken auf seinem Bauch an. "Aber wenn ich Hiroki anrufe, ist alles geritzt. Also, wenn ich vor Mitternacht zu Hause bin, heißt das," fügte er hinzu.
Kei nickte. "Das ist machbar." Er schaltete das warme Wasser an und umarmte Colin von hinten.
"Gut, denn wenn die Überraschung länger dauert, verwandle ich mich in einen Kürbis und lasse bei jedem Schritt Glasschuhe fallen. Das ist gefährlich."
"Das wäre amüsant..." dachte Kei laut und grinste bei der Vorstellung. Dem anderen ins Ohr beißend sagte er: "Außer natürlich, es gefällt dir zu gut."
"Heh," sagte Colin und legte den Kopf zur Seite. "Je besser ich etwas finde, umso weniger magst du es, ist das richtig?" Er drehte sich ein kleines Stück in Keis Armen, um ihn amüsiert ansehen zu können.
"Das werden wir noch sehen." Kei grinste. "Wir machen einen Ausflug. Ich hoffe du magst Motorrad fahren."
Er lächelte und nickte kurz. Er erinnerte sich gut an die eine Fahrt hinter Kei.
"Gut, denn wir machen eine kleine Tour." Kei stellte das Wasser wieder ab und nahm sich ein Handtuch, ein zweites reichte er Colin. Der drückte seine Haare aus und nahm dann das Handtuch an. Er wunderte sich nur ein kleines bisschen. Das war in der Tat eine sehr kurze und ungründliche Dusche gewesen. Zuerst rubbelte er seine Haare halbtrocken und trocknete sich dann richtig ab. Nur seinen Hals und die Handgelenke ließ er komplett in Ruhe.
Kei trocknete sich ebenfalls ab und machte sich dann auf in sein Schlafzimmer, um seine Sachen zusammenzusuchen. Seine Wahl fiel auf eine schwarze enge Hose und ein T-Shirt mit silbernem Aufdruck. Colin zog sich auch wieder an und befestigte Hals- und Armbänder, bevor er seinen Pullover anzog. Kei zog sich ebenfalls ein paar Armbänder an und legte sich zwei Ketten um den Hals. Die eine war die Münze, die andere ein Totenschädel an einer großgliedrigen Silberkette.
Um beim Zusehen nicht zu verlegen zu werden, konzentrierte Colin sich lieber auf dem Flur auf das Anziehen seiner Stiefel. Diesmal schnürte er sie auch richtig zu. Nachdem Kei mit Anziehen fertig war, nahm er sich Stiefel, Schlüssel und Helm und ging zu Colin, wo er einen zweiten Helm von einem Regal holte, den er ihm gab.
"Da."
Er nahm den Helm und verließ als erster die Wohnung. Als Kei sein Gesicht nicht sehen konnte, während er hinunterging, erlaubte er sich ein heimliches, glückliches Schmunzeln. Anatamo, anatamo, anatamo! Ha!
Kei kam ihm kurz darauf hinterher und deutete ihm den Weg zu seinem Motorrad auf dem Bürgersteig. Er setzte sich darauf und bedeutete Colin, ebenfalls Platz zu nehmen. Der strich sich die nassen Locken hinter die Ohren bevor er den Helm aufsetzte, und stieg hinter Kei auf. Diesmal hielt er sich ohne jegliches Zögern an Kei fest.
"Oh! Warte!" Er nahm sein Handy heraus und den Helm wieder ab. Kei drehte sich zu ihm um, er hatte seinen Helm noch nicht aufgesetzt, sondern nur am Lenker hängen. "Hm?"
Colin rief jemanden an, aber das Wartezeichen wurde nur durch eine Mailboxmeldung unterbrochen. Ebendieser teilte Colin mit, dass er bei einem Freund sei und vor Mitternacht wieder zuhause sein werde. Dabei ließ er es unbesorgt bewenden, packte das Telefon wieder ein und setzte den Helm auf.
"Alles klar."
"Gut." Kei setzte ebenfalls seinen Helm auf und startete den Motor. Kurz darauf fuhren sie durch die Stadt.
Sie fuhren eine ganze Weile. Scheinbar quer durch die Stadt, doch Kei hatte ein bestimmtes Ziel. Den Tokyo Tower.
Während der Fahrt sah Colin sich ein wenig um. Er musste sich nicht so anschmiegen um sich festzuhalten, das wusste er. Streng genommen musste man sich gar nicht festhalten, wenn man Beine hatte. Das wusste er auch. Er lockerte seinen Griff also etwas, um Kei nicht beim Fahren zu behindern.
Kei fuhr ein wenig wie ein Straßenrennfahrer und nutzte viele ungewöhnliche Abkürzungen. Als sie da ankamen, wo er hinwollte, parkte er das Motorrad in einer dunklen Ecke.
"Warst du da schon mal drauf?" fragte er Colin und deutete nach oben.
"Ja, vor ein paar Jahren. Da war ich sogar noch kleiner."
Kei lachte. "Warst du schon mal ganz oben?" Der Vampir meinte nicht die Aussichtsplattform, die Besucher nutzten. Er hatte einen ganz persönlichen Aussichtspunkt.
"Klar, so weit oben wie's geht!" Natürlich wusste Colin nicht, worauf Kei hinauswollte.
"Wart's ab." Kei stieg von seinem Motorrad. Mittlerweile war es dunkel geworden und die Stadt um sie herum erwachte zu etwas anderem, bunterem Leben. Colin folgte seinem Beispiel und schüttelte erstmal die Haare aus, die ihm unangenehm am Kopf klebten. Der Vampir legte Colin einen Arm um die Hüfte.
"Festhalten."
Dem Befehl folgte der Junge, indem er Kei umarmte. Seinen Helm hielt er auf Keis Rücken weiter fest.
Kei machte einen Satz nach oben und im nächsten Moment fanden sie sich auf der Spitze des Turmes wieder, die die Besucher nie zu sehen bekamen.
"Darf ich vorstellen, Die beste Aussicht der Stadt."
Unter ihnen begann ein Lichtermeer aufzugehen.
"Woah." Colin hielt sich verzweifelt fest. Es war hier sehr windig und er hatte den Eindruck, einfach weggeweht zu werden, wenn er loslassen würde. Aber die Aussicht war wirklich bemerkenswert. Er staunte lächelnd nach Westen, wo es hinter den Bergen noch leicht orange strahlte. Kei hielt ihn gut fest und folgte seinem Blick in Richtung untergehender Sonne.
"Jetzt kennen zwei Personen diese Aussicht," sagte er leise. Colin sah ihn an.
"Es müssen mehr sein. Jeder Hubschrauberpilot, der über Tokyo-" er brach ab und sah in die andere Richtung und nach unten. "Es ist sehr bunt."
"Die haben nicht diese Aussicht. Nicht von hier." Er blickte über die Stadt. "Ja. Von hier sieht man erst, wie bunt die Stadt wirklich ist. Hier ist es nie ganz dunkel."
"Es ist auch nie ganz leer oder still."
"Ja. Irgendwo dahinten wohnst du." Er lächelte und deutete in genannte Richtung. Colin drehte sich, ohne Kei ganz loszulassen.
"Das ist so gut wie gar nicht zu erkennen."
"Ist auch weit weg. Ich wohne da. Und dort war das Konzert. Das ist ganz dicht."
Mit einem Lächeln beobachtete Colin das winzige Treiben, das er von hier oben undeutlich erkennen konnte. Es handelte sich hauptsächlich um blinkende bunte Lichter. Der Turm selbst wurde auch angestrahlt. Das ist so kitschig und romantisch, dachte er bei sich und begann zu schmunzeln.
Kei setzte sich vorsichtig hin. Nachdem er nun seine etwas andere Stadtführung beendet hatte.
"Ich bin oft hier. Im Winter ist es sehr schön hier, wenn man nicht ausrutscht und sich das Genick bricht."
Colin setzte sich daneben und lachte. "Hast du damit schon Erfahrung gemacht?"
"Ja, aber ohne Genickbruch. Es hat Spaß gemacht im Winter hier herunterzufliegen."
Colin stutzte. "Du kannst fliegen?"
"Nicht wirklich. Aber für mich ist Fallen mehr Fliegen, mir passiert ja nichts."
"Was heißt das? Du kannst nicht sterben? Du landest wie eine Katze?"
"Eher wie die Katze, ja. Für mich ist das hier wie ein Dreimeterbrett."
"Für mich ist ein Dreimeterbrett schon zu hoch," sagte Colin ernst.
"Auch mit Wasser drunter?"
Er lachte. "Besonders dann. Dann geht es ja noch tiefer runter..."
"Oh, also ist das keine gute Idee, zu fragen ob du mal die Stadtlichter an dir vorbeiziehen sehen willst?"
Colin sah Kei vorsichtig aus dem Augenwinkel an. "Ich habe selten eine bessere gehört."
"Der Turm ist höher als ein Dreimeterbrett." Kei lächelte.
Colin zuckte mit den Schultern. "Du bist dabei." Das schien ihm Erklärung genug zu sein. "Du wirst mich ja nicht runterwerfen und von hier aus zugucken, oder?"
Kei grinste. "Nicht? Mist, jetzt hast du meinen Plan erraten."
"Ja... das wäre der unauffälligste Mord aller Zeiten gewesen!" nickte Colin stirnrunzelnd. Kei lachte.
"Du musst dich aber auch umsehen." Er stand auf.
"Warte, wie funktioniert das genau? So wie der Weg hier rauf, nur eben andersrum?" Er zog eine Braue hoch und hielt sich wieder an Keis Ärmel fest. Es war wirklich sehr windig.
"Nein nein. Nach unten fallen wir einfach. Ein bisschen wie Basejumping," erklärte er.
Colin nickte. "Okay," sagte er knapp. Er leckte sich die Lippen. Er hatte keine Ahnung, was Basejumping war.
Kei umarmte Colin von hinten.
Er stand an der Kante des Turmes und lehnte sich langsam nach hinten, bis sie irgendwann ihren Halt verloren und begannen zu fallen.
An Lichtern vorbei mit dem Blick in den Himmel. Auf der kurzen Reise hatte Colin nicht einmal genug Zeit um die Arme auszubreiten. Er sah den dunkelblauen Himmel unter sich wegrollen, als die Lichter dafür über ihnen standen und auf sie zurasten. Es rauschte sehr, sodass er sein eigenes verblüfftes "Hah..." gar nicht hören konnte.
Kurz bevor sie unten ankamen, drehte Kei sich so, dass er bequem landen konnte und sie standen mitten auf einer Kreuzung, auf einem Zebrastreifen.
Als sie dem Boden immer näher kamen, riss Colin die Augen weiter auf. Und nach der unerwartet weichen Landung hielt er sich erst richtig an Keis Arm fest. Und keuchte. Kei grinste.
"Ist leider nur eine kurze Aussicht," schmunzelte er, legte einen Arm um Colin und küsste ihn.
"Hng," sagte Colin überwältigt. Er piepte fast. Also konzentrierte er sich lieber darauf, Kei zu küssen, damit das nicht auffiel. Im Hinterkopf wurde er gewahr, dass sie mitten auf der Straße standen und diese nicht leer war, aber das war nur eine Nebensache. Ein paar Menschen waren stehengeblieben als sie sahen, wo die zwei hergekommen waren und einige Autofahrer wichen ihnen aus. Kei war das vollkommen gleich. Die Straße war immerhin groß genug. Nach kurzer Zeit unterbrach Colin den Kuss, weil er leise lachen musste. Er hielt Kei jedoch weiter fest und zog den Kopf nicht zurück.
"Danke," sagte er.
"Gern," sagte Kei und führte Colin von der Straße, damit nicht doch noch jemand auf die Idee kommen würde, sie über den Haufen zu fahren. Auf dem Bürgersteig vor einer südamerikanischen Bar angekommen, küsste Colin Kei sofort wieder. Kei erwiderte den Kuss und umarmte Colin dabei, hielt ihn dicht bei sich.


Kei + Colin XXXII: Tha gaol agam ort

*Tha gaol agam ort = (Schottisches Gälisch) Ich liebe dich
** Gabh mo leisgeul = (Schottisches Gäl.) Entschuldigung, Verzeihung
*** Anatamo = (jap.) Du auch/Sie auch; hier: "Ich dich auch."


Kei hatte Colin schrecklich vermisst als er im Krankenhaus gelegen hatte. Besonders solche Situationen. Mit einer Hand entledigte er sich seiner Hose, nachdem er sich so positioniert hatte, dass ihm das auch möglich war. Während er den Kuss aufrecht erhielt, machte er es sich zwischen Colins Beinen bequem. Ebenfalls ohne den Kuss zu unterbrechen, setzte Colin sich auf und kniete vor Kei. Er strich über beide Pflaster, ohne dabei besonders sanft zu sein. Kei störte das nicht groß, immerhin waren die Wunden kaum noch offen. Die eine Hand vergrub er in Colins Haaren und hielt ihn dort, wo er war. Mit der anderen fuhr er langsam an dessen Oberkörper herunter bis er an seinem Ziel angekommen war. Jedoch bewegte er seine Hand nur langsam - völlig absichtlich. Colin legte die Hände auf Keis Schultern und drückte leicht.
"Leg dich hin."
Kei legte sich zurück und schaute Colin grinsend an. "Was wird das?"
Colin, der sich schon etwas über Kei gebeugt hatte, zögerte und setzte sich wieder halb auf. Er sah ernst und nun ein bisschen unsicher aus, aber es fiel ihm keine Entgegnung ein, also beugte er sich wieder hinunter. Er nahm Keis Penis in die Hand und begann, wie die anderen beiden Male, ihn der Länge nach zu küssen und mit der Zungenspitze zu befeuchten. Kei fing an, ein bisschen dämlich zu grinsen, entspannte sich. Mit beiden Händen, nasser Zunge und weichen Lippen bereitete er ihn gewissenhaft vor. Er nutzte wieder seinen bewährten Vorhang aus Haaren als Sichtschutz, um sich damit unbeobachtet zu fühlen. Er kam bis zu langsamen Pumpbewegungen und Lecken der Eichel, bevor er anfing sich zu schämen. Kei gab genießende Laute von sich, wenn auch nicht besonders laut. Seine rechte Hand war in Colins Haaren vergraben.
"Ist dir das zu langsam?" Colin sah auf, war aber anscheinend nicht dazu bereit, seinen Haarvorhang ganz aufzugeben. Ein bejahendes Geräusch, das mal ein Wort werden wollte, verließ den Mund des Vampirs. Mit einem leisen, kurzen Schmunzeln ließ Colin ganz los und kroch hinauf. Er kniete rittlings auf Kei und schaffte es sogar, ihn anzusehen.
"Hey. Das ist gemein," sagte Kei und erwiderte Colins Blick.
Du weißt nur nicht, was ich vorhabe. "Du bist fantasielos," flüsterte Colin. "Sieh weg." Er griff hinter sich und versuchte gleichzeitig die andere Hand über Keis Augen zu legen.
Kei drehte den Blick beiseite. "Bin ich?"
"Weiß ich nicht, ist mir egal, sei einfach ruhig," murmelte Colin angestrengt. Kei war gespannt, was der Kleinere vorhatte, wenn auch ungeduldig.
Is ja gut... Ich bin ruhig... dachte er sich, als ob Colin das hören konnte. Diese Situation war auch für Kei völlig neu. Tatsächlich hielt er die Klappe, als er erahnte, wie Colins Gesicht in dem Moment aussehen musste.
Das hier ist peinlich, okay, lass es mich machen und halt den Mund, versuchte Colin ihm telepathisch mitzuteilen, während er sich langsam aber ohne zu zögern ihn einführte und dabei den wirklich unangenehmen Widerstand zu ignorieren versuchte. Es fiel ihm schwerer, wenn er selbst bestimmen konnte, was passierte, und ehe er ein allzu deutliches Geräusch von sich gab, hielt er inne und verfluchte, dass er so verschämt war. Er ließ Keis Gesicht gehen und stützte sich leicht auf seine Brust und machte weiter, indem er zitternd ausatmete und sich entspannte. Er mochte den Schmerz doch, aber ihn sich selbst zuzufügen war etwas anderes. Irgendwann schien es nicht weiterzugehen, aber es war noch so viel -
"Das ist unmöglich, bist du Wichser in den letzten paar Tagen gewachsen? So zehn Zentimeter?" brummte Colin. Kei lachte ein bisschen.
"Nicht dass ich wüsste," entgegnete er grinsend. "Need some help?" erkundigte er sich grinsend.
Colin funkelte ihn genervt an. Der sollte nicht so gut gelaunt sein - obwohl, er hatte gerade allen Grund, glücklich zu sein - "Ach halt die Schnauze."
"Zu Befehl," kam von Kei zurück und er hielt tatsächlich den Mund.
Mit geschlossenen Augen atmete Colin nochmal kontrolliert aus. "Sag irgendwas." Ja, ich weiß, ich widerspreche mir selbst. "Egal was. Was gutes."
"Du machst mich fertig," gab Kei in einem leicht seufzenden Tonfall von sich, der einen großen Anteil Zufriedenheit in sich trug, während er sich die Freiheit herausnahm, sich dem Kleineren etwas entgegen zu bewegen. Das war was gutes. Colin machte ihn fertig, auf eine gute Art und Weise.
Das funktionierte tatsächlich. Colin entspannte sich unwillkürlich, wenn auch mit einem leisen schmerzerfüllten Stöhnen.
"I l-hm."
Kei grinste leicht und betrachtete Colin. Er bewegte sich weiterhin, wenn auch nicht viel.
"Das ist dir natürlich noch viel zu langsam," flüsterte Colin, willkürlich geschätzt. Mittlerweile hatte er die Augen geschlossen, um nicht sehen zu müssen, wie der Vampir ihn ansah, aber er begegnete Keis sachten Stößen und biss sich auf die Zunge. Ich werde jetzt nicht wie eine Jungfrau als einziger herumwimmern.
"Du solltest Hellseher werden," entgegnete Kei. Der Vampir gab hin und wieder genießende Geräusche von sich.
"Well, fuck you, I'm not going any faster," entgegnete Colin härter als er wollte. "Das tut weh, weißt du?" Er sah Kei streng an, aber sein Gesichtsausdruck und die Geräusche, die er dennoch machte, deuteten eher an, dass er den Schmerz gar nicht schlecht fand. Er richtete sich sogar auf und vergaß fast, sich dafür zu schämen, dass Kei ihn sehen konnte.
"Ich glaub nicht, dass dich das stört," gab Kei dazu und schaute dreckig grinsend zurück. Mit einem halb genüsslichen, halb angestrengten Stöhnen beugte Colin sich wieder vor und stützte sich mit einer Hand auf Keis Wunde.
"Mach dich nicht über mich lustig. Das hier mache ich für dich," knurrte er.
Kei grinste leicht, gab aber gleichzeitig einen kleinen 'Autsch'-Laut von sich. "Hab ich nicht," meinte er.
"Gut," flüsterte Colin atemlos, "Denn ich kann jederzeit einfach aufstehen und gehen." Er fügte dem etwas tatsächlichen, physischen Nachdruck auf das Pflaster hinzu. Kei hatte nicht gedacht, dass die halb verheilte Wunde noch so sehr wehtun könnte.
Sei dir da mal nicht so sicher, entgegnete er Colin in Gedanken.
"Tha gaol agam ort,"* murmelte er sehr leise. Um Kei richtig zu küssen, war er ein kleines Stück zu kurz, also küsste er nur dessen Kinn, bevor er sich wieder aufsetzte und begann sein Becken zu bewegen. Diesmal beobachtete er Kei und schloss zwischendurch aus einem anderen Grund die Augen.
Kei verstand ihn nicht. "Was?" fragte er deshalb nach.
Mit einem Lächeln wiederholte Colin den Satz, durchsetzt von Seufzen, das er nicht einmal mehr unterdrücken wollte. "Tha. Gaol... agam... ort..."
Kei grinste und bewegte sich ein kleines bisschen schneller. Zwischen einzelnen Seufzern und anderen Geräuschen brachte er die Frage nach einer Übersetzung hervor, während er ihn mal ansah, mal genießend die Augen geschlossen hatte.
"Gabh mo leisgeul,"** flüsterte Colin mit einem kurzen Kopfschütteln. Er schmunzelte etwas, aber das löste sich sofort wieder auf als er wohlig seufzend an die Decke sah. Kei beschloss, später herauszufinden, was Colins Worte bedeuteten. Was er verstanden hatte, war, dass der ihm jetzt keine Übersetzung geben würde. Just in diesem Moment beschäftigte er sich weiter damit, sich etwas schneller werdend gegen Colins Körper zu bewegen. Mit Aufstützen auf Keis Bauch versuchte Colin, ihn etwas zurückzuhalten und kniete sich hin, um die rücksichtslosen Stöße abzumildern, aber nicht direkt, weil er nicht mochte, was passierte. Das bisschen Kontrolle, das er sich einbildete zu besitzen, wollte er auch benutzen.
"Ich sags dir irgendwann bestimmt."
"Das will ich hoffen," sagte Kei und tat ausnahmsweise mal das, was Colin zu wollen schien, was zum allergrößten Teil daher rührte, dass er wissen wollte, was Colin geplant hatte. Fragen tat er ihn aus dem Grund nicht, weil er wusste, dass er es sowieso erfahren würde. Und wieder beugte Colin sich vor. Er ließ Kei einfach ganz gehen, das heißt, aus sich herausrutschen, und küsste ihn.
"Es heißt 'Ich liebe dich'."
Kei wurde ganz leicht rot. Zu seinem Glück war es dunkel und Colin würde das nicht sehen können.
"Anatamo,"*** erwiderte er leise.
Das hatte Colin nicht erwartet. Nicht das, was diese Entgegnung bedeutete, und erst recht nicht, dass Kei das tatsächlich sagte. Da war so ein interessantes Gefühl. Er hielt inne und vergaß zu atmen.
Kei küsste ihn.
"Atmen nicht vergessen," mahnte er.
Hastig sog Colin die Luft ein, als hätte er die Aufforderung gebraucht. Er küsste Kei und behielt dabei die Augen offen.
Kei hatte keine Gefühle wie normale Menschen. Irgendwelche hatte er, aber sie waren anders und einfacher, hatte Colin gedacht, und nun wusste er nicht, was der Vampir gerade genau gemeint hatte.
Er schloss die Augen und zog an Keis Lippenring. Kei gab dem Zug leicht nach und biss Colin auf die Oberlippe. Mit den Armen hielt er den Kleineren da wo er war. Der musste schmunzeln.
"Tut das weh?" fragte er Keis Mund, während er auf dessen Wunde lag.
"Nah, nur n bisschen," sagte der Vampir, dessen Wunde ziemlich wehtat.
Colin setzte sich auf. Kei erhob sich ebenfalls leicht, betrachtete Colin im Dunkeln. "Hm?"
Er saß noch semibequem rittlings auf Kei, als er sich das erste Armband abnahm. Kei sah auf Colins Handgelenk, das jetzt etwas besser aussah als vor einigen Tagen.
"Tut das noch weh?" fragte er.
"Nur, wenn ich dran kratze oder so. Es ist nur ein wenig empfindlich, das ist alles." Es waren dünne, feine Linien, die sich wie Fäden aus frischer rosa Haut um das Handgelenk wickelten. Er nahm das zweite Armband auch ab. Darunter sah es genauso aus. Danach öffnete er das Halsband.
Kei betrachtete Colins Verletzungen und befand, dass sie gar nicht schlecht aussahen.
"Steht dir irgendwie..."
"Narben?" Colin hob eine skeptische Augenbraue.
"Ja, also die zumindest."
Er legte das weiche Lederband hin und gab damit auch den Blick auf ein paar bunte Blutergüsse und kleine frische Narben um seinen Hals frei.
"Ich könnte drauf verzichten."
Kei grinste leicht, als er das sah. "Geht ja wieder weg," bot er an.
"Garantierst du mir das?" Colin schmunzelte.
"Zumindest bei den meisten, ja." Kei lächelte leicht. "Einige werden aber bleiben."
"Garantierst du mir das?" fragte Colin und grinste breiter.
"Ja."
"Und wenn nicht, gibst du mir dann neue?"
"Mit dem größten Vergnügen."
Lächelnd küsste er Kei zärtlich. Kei erwiderte den Kuss eine Weile, wie Colin ihn begonnen hatte, wurde aber schnell fordernder. Colin biss ihm auf die Lippe und kratzte über seinen Rücken, inklusive Pflaster. Kei befand das für gut, wenn man von der Wunde absah, die er zu bluten beginnen spürte. Weiter kümmerte er sich jedoch nicht darum. Colin küsste ihn einfach nur weiter, genüsslich und gemächlich, ohne weitere Anstalten zu machen, irgendetwas fortzusetzen. Keis Ungeduld kroch langsam aber sicher wieder in ihm herauf. Wenn er etwas hasste, dann war das Colin, wenn der tat, was er gerade tat, weshalb er kurzentschlossen sich und Colin einfach mal herumdrehte, sodass er nun auf Colin lag. Das nahm Colin so hin, ohne sich zu sträuben oder den Kuss zu unterbrechen. Stattdessen legte er seine Beine um Keis und seine Arme um seinen Nacken. Die vage Sorge um Keis Verfassung verflog sofort, als er daran dachte, dass der Wahnsinnige jetzt die Narben mehrerer Schusswunden trug, und was er gerade gesagt hatte, was er bisher alles getan hatte, und was genau jetzt passierte – er war zu hingerissen um sich um ihn zu sorgen.
Er biss fest genug auf Keis Unterlippe, um sie zu verletzen.
Kei grinste bloß und murmelte: "Dein Blut schmeckt besser als meins," während er sich ein bisschen brutal in den Körper unter sich versenkte. Colins Griff um seinen Hals wurde dabei fester und er stöhnte kurz auf. Das war so schmerzmotiviert wie es klang, aber bei Colin bedeutete das nicht unbedingt etwas schlechtes.
"Ich mags aber," knurrte er.
Kei grinste nur und biss Colin auf die Unterlippe.
"Hah." Colin wandte das Gesicht ab und rupfte einen Zipfel der Decke unter sich hervor, den er über sein Gesicht drückte. Das Grinsen verschwand nicht von Keis Gesicht, als er seine Bewegungen schneller und die Stöße härter werden ließ. Er beobachtete Colin unter sich von Zeit zu Zeit.
Der hielt sich weiter das Stückchen Bettdecke vor das Gesicht und machte gedämpfte verzweifelte Geräusche. Mit den Beinen hielt er Keis weiter fest, obwohl das keinen großen Effekt hatte, weil sie zwischendurch zuckten und zitterten. Kei machte damit eine ganze Weile weiter. Colins Geräusche waren wie Musik in seinen Ohren, die sonst so häufig Tod und Sterben zu hören bekamen. Zwischendurch entzog er sich Colins Körper fast ganz, nur um dann wieder in ihn zu stoßen, wobei er selbst ab und zu das eine oder andere Geräusch hören ließ. Colin biss in die Decke und wand sich, um Kei dicht bei und in sich zu behalten, und zwischendurch, um den schmerzhaften, harten Stößen zu entgehen, er konnte sich nicht entscheiden, was, und es funktionierte sowieso beides nicht richtig. Er krallte sich verkrampft in der Decke fest - was auch nichts nützte - und schaffte es nur, nicht so laut zu stöhnen wie sein Körper wollte. Es dauerte aber nicht sehr lang, bis er kam und es doch tat. Dabei riss er sich noch mehr von der kühlen Bettdecke über den Kopf. Kei kam nicht lange nach Colin mit einem Stöhnen, das etwas lauter war. Er wusste, dass sich die Nachbarn beschweren würden, aber das war ihm völlig egal. Er legte seinen Körper auf dem von Colin ab und grinste leicht.
"Nächstes Mal nehm ich dir die Decke weg," versprach er.
Colin blieb so liegen und beeilte sich nicht, von seinem High herunterzukommen. Er war sich nur sehr bewusst, wie laut und unsicher sein Atem gerade war, und zog die Decke etwas von seinem Gesicht herunter, hielt sie jedoch weiter fest. Keis Gewicht auf ihm war ihm sehr willkommen. Er hatte das Gefühl, als würde es ihn am Auseinanderfallen hindern.
"Warum?" fragte er heiser.
Kei sprach leise und hatte ebenfalls keinerlei Eile seine momentane Situation zu verändern.
"Ich will dein Gesicht sehen," erklärte er.
"Warum," wiederholte Colin im gleichen Tonfall. Er sah Kei ernst und benebelt an. Dann lachst du dich doch nur kaputt.
Kei lächelte noch immer leicht. "Brauch ich dafür einen speziellen Grund?"
"Nein, aber ich glaube, dass du einen hast."
"Außer dem, dass ich dich sehen will, hab ich keinen."
Jetzt lächelte Colin amüsiert. "Du willst mich sehen, weil du mich sehen willst."
"Ich sagte doch, es gibt keinen besonderen Grund."
Seine Arme krochen unter Keis auf dessen Rücken und er musterte ihn fasziniert. Ohne dass sich sein Gesichtsausdruck wandelte, sagte er sanft: "Du blutest," und strich über das nasse Pflaster.
"Ich weiß," sagte Kei, als hätte Colin gesagt, dass es regnen würde. "Ich werd ein neues Pflaster draufkleben."
Colins Mundwinkel zuckte.
"Du musst so gelenkig sein," hauchte er bewundernd und ziemlich unernst.
Kei lachte. "Du klingst wie ein Groupie."
Colin nickte etwas seitwärts. "Ein Fanboy vielleicht. Groupie klingt so... wie ein Teil einer Menge."
"Dann halt so." Kei lächelte leicht.
Colin fiel etwas ein.
"Ich habe darauf nicht geachtet, aber... hast du eigentlich Verehrer? Verehrerinnen? So in der Schule? Also... ich habs bei Sonoda einmal mitgekriegt, wie tatsächlich eine Horde Mädchen vor seinem Klassenzimmer auf ihn gewartet hat als er Geburtstag hatte. Das war wie im Manga."
Jetzt lachte Kei. "Also das weiß ich nicht, wenn ja, habe ich sie gekonnt nicht beachtet."
Colin lächelte breit.
"Was ist?" fragte Kei, der immer noch auf Colin lag.
"Das ist gut."
"Weil du sonst viele viele Leute zum Töten hättest?"
Colins Augenbrauen flogen hoch.
"Ich, töten?" Er war ganz ehrlich überrascht. "Jetzt, wo du das erwähnst... vielleicht ist es auch schade, denn ich könnte so viele Leute eifersüchtig machen."
"Vielleicht gibt es ja Groupies und ich habe sie nie bemerkt, also müsste dein Plan erfolgreich sein."
"Wenn sie nicht bemerkbar sind, ist es doch witzlos."
"Ich bemerke sie nicht, heißt nicht, dass sie nicht bemerkbar sind." Kei lachte. "Mich kümmert es bloß nicht."
"Ich werde ab nun Ausschau halten. Tu noch etwas für mich."
"Kommt drauf an, was."
"Bring mich Samstag ins Kuroyakoto."
"Kann ich machen, was willst du da?"
"Was ich da will? Musik hören, rumspringen... was man so macht. Du musst ja nicht mitkommen, wenns dir nicht gefällt, du musst mich nur reinbringen."
"Okay. Ich komme mit. Nicht, dass du wieder entführt wirst."
"Irgendwie bezweifle ich, dass die Yakuza da herumchillt." Colin ließ die Arme herunterfallen. "Lass uns das Pflaster wechseln."
"Hübsche Jungs werden nicht nur von Mafiosi entführt," Kei erhob sich ein wenig umständlich und rollte von Colin herunter, bevor er aufstand. Colin lachte und kletterte hinterher.
"Und die weniger hübschen? Die werden nur für Lösegeld entführt, was?" Er strich über die klebrigen Flecken auf seinem Bauch. "Und aus Rache an anderen Yakuza, die eine Schwäche für die Jungs haben."


Kei + Colin XXXI: Erleichterung




SONNTAG
Colin hatte der Versuchung widerstanden, Kei anzurufen oder anzumailen. Er hatte sich nur sofort bei Shingo gemeldet. Gleich am nächsten Tag war er allein wieder im Kostümverleih gewesen, um das kaputte Kleid zu bezahlen und sich ein neues auszuleihen. Eines, das mit Rücksicht auf Keis Kommentar sehr anders aber immer noch altertümlich und europäisch aussah, wie Colin im Nachhinein etwas beschämt auffiel. Bei der Gelegenheit hatte er sich auch Armstulpen und verschiedene breite Arm- und Halsbänder gekauft. Die Drahtspuren an seinen Handgelenken würden noch sehr lang zu sehen sein, und er konnte nicht jeden Tag den ganzen Tag lang Rollkragen tragen um die ewig erneuerten Blutergüsse an seinem Hals zu verdecken.

Drei Tage lang hatte Kei im Krankenhaus gelegen. Er hatte Unmengen an Blutkonserven bekommen, nichts gegessen und auch sonst nur darauf gewartet, da wieder rauszukommen.
Am vierten Tag verließ er das Krankenhaus. Die Wunde war fast verheilt und ihm war die Decke auf den Kopf gefallen. Da er minderjährig war, hatten ihm die Leute da zudem die Kippen verweigert.
Er schrieb Colin eine SMS in der stand, dass er wieder zuhause sei.

Colin antwortete nicht.
Oder vielmehr, er antwortete, indem er sein Notenheft zur Seite warf, die Treppe hinunterwetzte, sich Jacke und Stiefel anzog (in Stiefeln mit hohem Schaft fühlte er sich nun sicherer), und zur U-Bahnhaltestelle rannte.
Eine knappe halbe Stunde später klingelte er bei Kei. Kei ging an die Tür und öffnete unten, die obere ließ er auf und wartete. Colin nahm die Stufen doppelt, als er hinaufeilte, und war ziemlich außer Atem, als er ankam. Ihm war außerdem unterwegs warm geworden, also hatte er seine Jacke geöffnet und die Ärmel hochgekrempelt, was den Blick auf seine breiten Lederarmbänder und das breite Halsband freigab.
Kei grinste, als er ihn sah.
"Interessanter Weg die Wunden zu verdecken." Er ließ ihn eintreten.
"Besser als ein Verband." Colin musterte ihn. "Es geht dir gut," stellte er atemlos fest.
"Ja, es geht mir wieder gut. Und das steht dir auch besser als Verbände." Kei trug nur eine Jogginghose, da er den ganzen Tag mit Nichtstun verbracht hatte.
"Wie sieht das aus?" fragte Colin und zeigte auf Keis vorderseitiges Pflaster.
"Fast wieder weg," sagte Kei.
"Wie schnell," kommentierte Colin. Er hatte mittlerweile seine Luft wiedergefunden. "Es wäre irgendwie schade gewesen, wenn du gestorben wärst." Er wurde etwas rot, als er das sagte.
"Find ich auch." Kei machte eine Pause. "Du wärst tot auch nicht so gut gewesen."
Colin lachte.
"Oh, ich wette, ich wäre tot verdammt gut gewesen. Aber lebendig bin ich noch besser."
Kei lachte ebenfalls.
"Überschätz dich nicht, Keiner."
"Und du überanstreng dich nicht." Colin stieg aus seinen ungeschnürten Stiefeln.
"Ich wollte aber einen Marathon laufen, was mach ich jetzt?"
"Lauf ihn. Lass uns aber vorher wetten, wie weit du kommst." Er schob seine Stiefel an die Seite und zupfte seine Socken stramm. Dann zog er sich die Jacke aus.
"Bis zum Ende natürlich und dann stehe ich wieder hier als wär nichts gewesen." Er lächelte. Colin warf seine Jacke auf die Stiefel.
"Das hast du bestimmt gerade gemacht, während ich weggeguckt habe."
"Klar und zwischendurch hab ich noch was gegessen und mich an- und wieder ausgezogen."
Colin grinste und nahm Keis Hand.
"Weißt du, woran ich das als dreiste Lüge entlarven kann?"
"Woran?"
"Du isst nicht," sagte Colin sanft und geduldig. Er ging zum Schlafzimmer und zog Kei hinter sich her. Kei ging ihm nach.
"Tue ich, es schmeckt, Aber ich esse selten."
"Also nur zum Spaß. Was isst du denn?" Vor dem Bett hielt er an.
"Abgesehen von dir? Meistens ungesundes."
Colin musste wieder lachen.
"Du isst mich nicht. Du trinkst mich."
"Das ist fast das gleiche. Wenn ich Stücke aus dir herausbeißen würde, wärst du irgendwann ziemlich unansehnlich."
Colin zuckte mit den Schultern. Er legte eine Hand auf Keis Brust und versuchte, ihm zu bedeuten, sich hinzusetzen. Kei setzte sich tatsächlich, zog Colin aber mit sich, sodass der nun rittlings auf seinem Schoß saß und er selbst auf seinem Bett. Er küsste den Kleineren. Colin erwiderte den Kuss.
"Danke," sagte er leise.
"Gern geschehen."
Colin lachte leise.
"Glaube ich nicht." Er strich über das Pflaster auf Keis Rücken und küsste ihn wieder.
"Du glaubst, dass ich mich nicht gerne durchschießen lasse, um dir das Leben zu retten? Das nehm ich persönlich." Er erwiderte den Kuss und zog Colin ein bisschen dichter an sich. Das gab Colin eine Gänsehaut. Er legte die Arme um Kei. Der verringerte den Abstand zwischen ihnen noch ein letztes kleines Stück, küsste ihn weiter und machte sich daran, Colin aus den Kleidern zu pellen, wobei er oben anfing und die Kleider einfach achtlos irgendwohin warf. Colin hob bereitwillig die Arme, um sich Kapuzenpulli und T-Shirt ausziehen zu lassen.
"Warum lässt du dich Akaya nennen?"
"Ich will nicht, dass zu viele Penner vor meiner Tür stehen und mich abknallen wollen."
"Klingt nachvollziehbar. Aber deine Leute wissen, wie du wirklich heißt?"
"Einer weiß es. Der Rest nicht. Den Nachnamen kennen die, die schonmal hier waren."
Kei fummelte an Colins Hosenknopf herum und öffnete ihn schließlich.
"Wissen die, was du in deiner Freizeit machst?"
"Das interessiert die nicht. Obwohl es sein kann, dass der eine oder andere hier und da mal was weiß."
"Die anderen wissen es."
"Die wollen mich auch umlegen. Da liegt es nahe, dass sie wissen, was ich mache. Obwohl mir das nicht gefällt."
"Irgendwie habe ich den Eindruck, es wäre am klügsten, wieder auszuwandern. Und für dich, umzuziehen."
"Vielleicht. Aber wohin? Mach einen Vorschlag, ich lebe lange, ich kann überall hin."
Colin schmunzelte. "Damit du lang lebst, solltest du irgendwoanders hin. Aber ich kann dir nicht sagen, wohin. Ich kenne nur diese Stadt. Außerdem bin ich noch zu egoistisch."
Kei küsste Colin kurz und erwiderte dann: "Ja. Vielleicht. Aber noch nicht jetzt," während er sich daran machte, Colin der Hose zu entledigen. Colin richtete sich auf den Knien etwas auf, war aber anscheinend nicht dazu bereit, aufzustehen und Keis Schoß zu verlassen, damit der ihn bequem ausziehen konnte. Kei zog ihm die Hose soweit wie möglich runter, was nicht sehr weit war.
"Ich wollte deine Hose eigentlich nicht zerreißen," sagte der Vampir dazu und grinste leicht.
"Dann tus doch nicht," bot Colin mit einem gleichgültigen Schulterzucken und süffisantem Lächeln an.
"Dafür müsste der Herr sich aber in die Höhe begeben," entgegnete Kei.
Colins Augenbrauen fuhren überrascht hoch.
"Warum muss ich mich 'in die Höhe begeben,' damit du meine Hose nicht zerreißt? Kannst du das nicht einfach so... nicht tun?"
"Könnte ich. Ich weiß aber noch nicht, ob es mir gefällt, wenn du sie anbehältst."
"Dann erlauben wir dir doch einfach ein bisschen Zeit, um dich daran zu gewöhnen. Vielleicht magst du den Umstand ja," schlug Coin begeistert vor.
"Na gut." Kei mochte Spielchen selten, wenn es nicht seine waren.
Daraufhin setzte Colin sich einfach wieder auf Keis Knie. Dichter heran ging es nun nicht mehr, weil ihm die teilweise heruntergezonenen Jeans nicht mehr viel Möglichkeit ließen, die Beine weit zu spreizen. Er küsste Kei wieder und zog mit den Zähnen an dem kleinen Lippenring. Kei grinste ein bisschen, erwiderte den Kuss und biss ihm spielerisch auf die Unterlippe, während er dem Zug auf dem Ring nachgab.
"Ich habe eine merkwürdige Aufgabe bekommen," teilte Colin ihm schmunzelnd mit. Es war ihm etwas peinlich, dass er Kei das erzählte, den es wahrscheinlich nicht die Bohne interessierte, aber mittlerweile war er sich sicher genug, dass es Keis Meinung von ihm nicht wesentlich beeinflussen würde, wenn er ihm die eine oder andere Nichtigkeit aus seinem Leben erzählte. Und er hatte verdammt nochmal das Bedürfnis dazu. Wenn er eins über den Wahnsinnigen gelernt hatte, war es, dass er instantane Bedürfnisbefriedigung guthieß.
"Ich soll meinem Vater einen Brief schreiben, in dem ich ihm vorsichtig erkläre, dass ich... Jungs gut finde," sagte er mit einem langsamen Nicken, das andeutete, wie lächerlich er das fand. "Für den Fall, dass er was dagegen haben könnte. Damit es später keine Szene gibt."
"Ist dein Vater nicht so tolerant?" Kei hatte sich um sowas nie Gedanken gemacht.
"Keine Ahnung."
"Wer hat dir die Aufgabe mit dem Brief gegeben?"
"Hiroki. Meine Mutter hat nicht verstanden, warum, bis er sagte, dass es besser sei, wenn er und die Schotten alle Bescheid wüssten, damit bei der Hochzeit mit all den Japanern drumrum keine große Sache draus wird. Das fand sie dann einleuchtend. Und jetzt muss ich ihn schreiben, den Brief."
"Und warum sollte das bei der Hochzeit eine große Rolle spielen? Du heiratest doch gar nicht."
Colin zuckte ratlos mit den Schultern.
Dann öffnete er den Mund, aber schloss ihn gleich wieder, als ihm etwas einfiel.
Kei schaute ihn kurz fragend an.
Colin sah verlegen zur Seite.
"Was ist?"
"... Ich sollte dich zur Hochzeit einladen..."
"Hiroki hat mir ne Einladung gegeben. Er meinte, du machst das bestimmt nicht." Kei fing an zu grinsen. Erstaunen und leichte Entrüstung machten sich auf Colins Gesicht breit.
"Wann ist das denn passiert?"
"Vor einer ganzen Weile. Irgendwann nach der Schule. bevor deine Mutter mich hassen gelernt hat."
"... Der Mann ist schrecklich."
Kei lachte ein bisschen. "Ich fand das jetzt nicht dramatisch."
"Ich schwöre es dir, der Mann kann hellsehen und trifft alle deine Entscheidungen!" Colin rang fast die Hände. Jetzt lachte Kei wirklich.
"Dann musst du einen Schritt schneller sein als er."
Das nahm Colin tatsächlich ernst.
"Gute Idee! Mit irgendwas muss ich ihm zuvorkommen..." Er strich sich nachdenklich übers Kinn.
"Nimm etwas, womit er nicht rechnet."
"Aber was soll das sein, er rechnet mit allem. Selbst das Neujahrskonzert wird keine Überraschung für ihn sein."
"Es muss etwas geben, womit er nicht rechnet," entschied Kei, wobei er keine Ahnung hatte, was das sein könnte.
Plötzlich lächelte Colin und errötete.
Er räusperte sich.
"Gehst du hin?"
"Ich denke ja, ich bin schließlich eingeladen." Er lächelte. "Wenn du einverstanden bist, heißt das."
"... Idiot..." murmelte Colin beschämt. "Ähem... kannst du auch akustische Gitarre spielen?"
"Ich hab keine, aber ich kann sie spielen, ja."
"Lass uns als Geschenk etwas vorspielen."
"Gern." Kei mochte diese Idee, auch wenn er sich nicht sicher war, wie Colins Mutter überhaupt darauf reagierte, wenn er auftauchte.
"Es wird mindestens eine Gitarre zur Hand sein, aber du brauchst vorher schon eine zum Üben."
"Ich kann mir eine holen, das ist kein Problem."
"Und schon hast du meine Hose vergessen." Colin grinste.
"Danke, dass du mich daran erinnerst." Kei grinste ebenfalls.
"Ach, nicht der Rede wert." Er erhob sich wieder auf die Knie und zog seine Hose einfach wieder hoch.
"Das war die falsche Richtung," stellte Kei fest.
"Oh?" Colin stand auf, drehte sich um und setzte sich rückwärts wieder auf Keis Knie. "So richtig?"
Kei wurde ungeduldig.
"Nein, ich meinte eher so." Er nahm Colin und hob ihn hoch, drehte sich so, dass er den Kleineren aufs Bett legen konnte, und zog ihm die Hose aus. Danach nahm er seine Hände und pinnte sie mit den eigenen aufs Bett. Ohne Murren oder Widerstand nahm der Junge Abschied von seinen Hosen und Socken und sah Kei nur ernst an.
"Ich bin froh, dass du nicht tot bist."
"Ich auch. Und auch, dass du nicht tot bist," erwiderte Kei und küsste ihn. Den Kuss erwidernd, rutsche Colin ein bisschen herunter um mit angewinkelten Knien die Beine hochzustellen. Er versuchte auch, seine Hände aus Keis Griff zu ziehen, obwohl der sich darauf stützte. Kei grinste bloß. Der Versuch blieb fruchtlos und er küsste Colin weiter. Colin wandte sein Gesicht ab und versuchte es mit mehr Anstrengung weiter. Kei grinste nur und ließ Colins Versuche nicht gelingen.
"Lass mich los," sagte Colin leise und wurde ruhig.
"Wenn du mir sagst, warum."
"Ah, das alte Spielchen," er seufzte und lächelte sanft. "Weil ich dich darum bitte?"
"Hm, nö."
"Was, das funktioniert nicht mehr? Mist." Er musste schmunzeln. Kei grinste ein bisschen dreckig.
"Wie wär's mit nem richtigen Grund?" Er hatte so oder so nicht vor, Colin loszulassen.
"Ehm... ich... mags nicht, festgehalten zu werden?" Er musste fast grinsen - Lügen war wirklich nicht seine Stärke. Schauspielern vielleicht, aber geradeheraus die Unwahrheit sagen... nö. "Das ist wirklich... uncool..."
"Irgendwie glaube ich dir das nicht."
Colin atmete hörbar aus. "Trotzdem diskutierst du noch mit mir."
"Das ist keine Diskussion." Kei grinste. Ihm selbst hing seine Hose irgendwo auf der Hüfte, als er halb über Colin hing, halb auf ihm lag.
"Jetzt wird es eine," sagte Colin mit einem Augenbrauenzucken, "und das war ein Argument." Er war im feinsten Klugscheißermodus. Kei grinste bloß und küsste den Kleineren wieder, drückte ihn dabei nach unten.
"Mmf!" Er drehte den Kopf wieder weg. Kei grinste immer noch und richtete sich auf, ließ ihn los, blieb aber so sitzen, dass Colin sich nicht groß bewegen konnte. Er konnte das den ganzen Tag lang machen, nur wollte er nicht. Colin atmete auf und stützte sich auf die Ellenbogen. Er war so ziemlich auf Halbmast.
"Das war so einfach!" Er schmunzelte böse. Kei grinste.
"Du hast doch irgendwas vor," kommentierte er Colins Gesichtsausdruck.
"Dasselbe was ich immer vorhabe," erklärte er mit einer vage abwinkenden Geste. "Meine Killermaschine manipulieren." Dabei machte er ein Gesicht wie manche Leute, wenn sie Katzenbabies streicheln dürfen, und hielt eine Hand an Keis Wange. Kei verfluchte seine Hormone ein wenig.
"Das Gesicht wäre beinahe niedlich."
Nun musste Colin etwas überrascht ehrlich lächeln.
Und dann lachen.
"Beinahe? Och..." Er schniefte und sah affektiert zur Seite. Kei lachte ebenfalls.
"Ja, es wäre niedlich, wenn ich nicht ich wäre."
"Aah, wir haben Wortfindungsstörungen!"
Er lachte. "Ich bin der Meinung, der böse Blick steht dir besser."
"Du meinst den, der dich töten würde, wenn er könnte, wenn du mich zum Beispiel gerade dabei belauscht hast, wie ich mir einen runterhole, oder wenn du mir ins Klo nachkletterst, oder-"
"Den meine ich." Kei grinste, als ihm das spontan wieder einfiel.
"Für den musst du mir erstmal wieder richtig auf den Sack gehen. Und das passiert bestimmt erstmal nicht. Vor ein paar Tagen hast du ne Menge Machokredit angehäuft," erläuterte Colin zweifelnd, aber unernst.
"Das schaff ich schon noch."
"Ich glaube fest an dich," Colin nickte. "Das mit dem Manipulieren funktioniert auch ganz gut. Ich bin sehr mit uns zufrieden." Er lächelte selbstzufrieden.
"Ich sollte mir abgewöhnen, darauf einzugehen..."
"Dann müsstest du dir abgewöhnen, mir zuzuhören und mich anzusehen, und das wäre nicht gut. Es ist immer klug, auf den mit dem dickeren Gehirn zu hören."
"Pfffff. Glaubst du?"
Colin bedachte ihn mit einem herablassenden Blick der weisen Güte. "Ich habe das dicke Gehirn. Ich muss nicht glauben."
"Sei dir da mal nicht so sicher."
"Hey, ich höre auch auf dich. Wenn es ums Abschlachten und dabei gut aussehen geht, bist du der Experte," Colin zuckte die Schultern. "Und wenn es darum geht, mit meinem Mundwerk Zeit totzuschlagen, bin ich der Experte. Darauf können wir uns wohl einigen."
"Einverstanden. Du könntest dein Mundwerk aber auch sinnvoller einsetzen als zum Zeittotschlagen."
Dazu nickte Colin nur zustimmend. Er lächelte freundlich und tat nichts weiter. Der Vampir küsste ihn wieder. Gierig. Colin empfing ihn genüsslich und packte ihn mit einer Hand im Nacken. Mit Zähnen, Zunge und einem Seufzen erwiderte er den Kuss.



Tuesday, September 29, 2015

Kei + Colin XXX: Kei ist genervt

| One Inch Punch - Pretty Piece of Flesh |


Akaya = (jap.) "Rote Nacht" 
- sama = Unterwürfige Anrede; "Herr"/"Meister"
- kun = Anrede für männliche Kollegen und Gleichgestellte


Kei bekam eine Bildnachricht.
Es war ein Foto von Colin, wie er in einem rüschigen, unordentlichen Kleid mit gefesselten Füßen und Händen auf einem schäbigen Fußboden in einem halbdunklen Raum saß. Er starrte tödlich hasserfüllt, aber schien abgesehen von der Kostümierung unversehrt zu sein.
Kei rief den Abensder einfach an.
"Was soll der Scheiß, was willst du?"
Nach dem Abnehmen antwortete niemand. Es war nur ein rumpelndes, ratterndes Geräusch zu hören, das schnell anschwoll und dann mit einem gedämpften Kreischen anhielt. Danach wurde aufgelegt.
Kei fragte sich, was die Penner wollten, außer ihm zu schaden. Er zeigte seinem Vorgesetzten die Nummer.
"Kennst du die?"
Sein Vorgesetzter verneinte. "Frag Ryuuji-sama. Der könnte sie kennen."

Gemeinsam betraten sie das Büro, das Kei mittlerweile sehr vertraut war.
"Ryuuji-sama." Er verbeugte sich.
"Akaya-kun."* Ein Kopfnicken.
Kei legte seinem Boss die Nummer vor und - tatsächlich. Der wusste beinahe auf Anhieb, wem sie gehörte.
"Versucht es im östlichen Viertel bei dieser Adresse. Nehmt die hier mit." Der Boss ließ sich von einem Mann, der stumm neben dem seinem Schreibtisch gestanden hatte, zwei Pistolen aus einem hohen Panzerschrank geben und legte sie nach einer kurzen Inspektion auf den Tisch.
Kei nahm sich eine davon, prüfte ob sie geladen und gesichert war, und steckte sie sich hinten in den Hosenbund.

Mit seinem Vorgesetzten fuhr er zur genannten Adresse. Ein Nachtclub.
Kei ging einfach hinein und erkundigte sich an der Bar nach dem Inhaber der Handynummer – mit dem Namen, den Ryuuji-sama ihm gegeben hatte. Der Barmann sagte ihm, dass der Typ, dem die Nummer gehörte gerade 'im Lager' sei und Kei dort nicht hindürfe.
Er suchte trotzdem nach der Tür mit der Aufschrift 'Personal', fand sie am unteren Ende einer Treppe ging einfach hinunter. Sein Begleiter wartete oben am Ladeneingang.
"Ihr habt Besuch!" rief er in den Gang hinter der Tür.
Er stand unmittelbar vor dem ersten Typen.
Der hatte seine halbautomatische Irgendwas längst in der Hand gehabt und richtete sie nun faul auf Kei.
"Herzlich willkommen," sagte er undeutlich. Er hatte einen feuchten Sprachfehler. Hinter Kei war ein Schritt zu hören, und das leise Klicken, das andeutet, wie sich ein Finger auf einem Abzug krümmt.
"Sei gegrüßt, ich hab meinen Freund verloren. Ich hätte ihn gern zurück." Er zog seine Waffe. Oh zwei davon...Wie originell.
Der Mann, der hinter ihm auf seinen Rücken zielte, drückte ab.
Kei wich dem Schuss tatsächlich aus und erschoss den anderen. Es war knapp. Der Schuss streifte ihn an der Seite, doch seiner hatte sein Gegenüber mitten ins Gesicht getroffen, das nun mit einem matschigen Laut zerplatzte. Die nächste Kugel fand den anderen Typen zuverlässig im Hals. Er hatte nicht einmal mehr Zeit, zu gurgeln, während er tot zusammenbrach.
"Überleg dir das lieber nochmal." Er ging in dem Gang ein Stück weiter. "Wer will noch?" fragte er laut, während er über eine Leiche stieg.
Die schwere metallene Feuerschutztür, die von den beiden Gorillas bewacht worden war, war verschlossen.
Kei stand davor und seufzte. Er klopfte einfach mal an.
Als Antwort erhielt er nur das vorbereitende Klicken mehrerer Schusswaffen, und weiter entfernt und noch gedämpfter konnte er einen Mann kurz aufschreien und dann dreckig fluchen hören.
"Wenn ihr mich erschießen wollt, müsst ihr die Tür schon aufmachen. Oder muss ich das etwa selbst?"
"Das kommt ganz darauf an, wie ernst es dir ist," kam gedämpft zurück. "Du musst es nicht. Wenn du heute noch was wichtigeres zu tun hast, kann deine Freundin bestimmt noch ein bisschen warten."
Kei versuchte es damit, auf das Schloss der schweren Tür zu schießen und sie dann gewaltsam einzutreten. Tatsächlich gab sie nach. Der Mann in dem Gang, zu dem diese Tür führte, der seinerseits wiederum zu einer weiteren Tür derselben Machart führte, wusste, dass er sich in einer ziemlich misslichen Lage befand. Allein, um zu überleben, musste er den Eindringling, den seltsamen Akaya mit dem Ruf, eine außergewöhnlich effektive und gewaltsame Killermaschine zu sein, der es irgendwie fertigbrachte, eine Stahltür zu zerbeulen, töten oder auf andere Art unschädlich machen, denn selbst wenn er sich ergab und dann tatsächlich verschont werden würde, würde er sterben, nur etwas später durch seine Bosse. Aber das kam ihm sowieso nicht in den Sinn, denn er war treu und zuverlässig, wenn auch in just diesem Moment ein vages bisschen eingeschüchtert.
Er entsicherte beide Maschinenpistolen und richtete sie schonmal auf die Tür.
Kei öffnete das zweite Schloss, jedoch nicht die Tür selbst. Die schob er nur quietschend einen kleinen Spalt weit auf und schoss durch diesen, in der Hoffnung mit wenig Zielen zu treffen.
Die Wache hatte in diesem leeren Gang keine Möglichkeit, in Deckung zu gehen und ballerte einfach drauflos, als auf ihn geschossen wurde. Gleichzeitig brüllte er verwegen. Die Projektile durchdrangen die schwere Tür nicht, zerbeulten und verzogen sie aber noch etwas mehr und ließen den Mörtel und Putz rund um die Tür aus der Wand spritzen.
Kei hatte sich hinter der Tür in Deckung gebracht und schoss ab und an auf den Mann in der Hoffnung eines Treffers. Der Mann war im Blutrausch. Er schoss einfach weiter, bis die Pistolen leer waren und ließ sie dann fallen, um neue unter seiner Jacke hervorzuziehen und weiterzuschießen. Es war nicht festzustellen, ob er getroffen war, bis er seine beiden Ersatzmagazine auch schreiend leergefeuert hatte und dann plötzlich stumm zusammenbrach.
Kei hatte sich einfach in Deckung gehalten, bis das Dauerfeier aufhörte. Danach wagte er sich, um die Ecke zu schauen und stellte fest, dass der Typ tot war.
Er ging weiter, ohne ihm groß Beachtung zu schenken.
Die nächste Tür war der vorigen sehr ähnlich, und sie war ebenfalls verschlossen.
Kei war genervt. Er zerschoss dieses Schloss ebenfalls und öffnete die Tür vorsichtig. Sie war schwer, ließ sich aber ohne Widerstand öffnen. Der Raum dahinter war spärlich beleuchtet und beinahe leer. An der gegenüberliegenden Wand, direkt gegenüber der Tür, saß Colin auf dem unebenen Kellerboden, die gefesselten Füße vor sich gestellt und die Arme hinter dem Rücken. Wie auf dem Foto trug er das Kleid. Außerdem war er mit einem Seil und stabilem Klebeband geknebelt. Seine Augen weiteten sich etwas, als er Kei erkannte.
Kei betrat den Raum, wobei er dicht bei der Tür stehenblieb, und sah sich vorsichtig um. Er ließ den Blick von Colin aus weiter durch den Raum wandern. Sofort raste von der Seite ein Ende eines Holzstabes auf seine linke Schläfe zu. Gleichzeitig trat hinter der geöffneten Tür ein Anzugträger mit Pistole in der Hand hervor und schoss auf Keis Brust.
Der Vampir wich blitzschnell aus, indem er sich zur Seite beugte, und trat dem Stabschwinger gegen den Kopf. Die Kugel erwischte ihn fast, landete aber in der Wand. Der Stabkämpfer im Jogginganzug war ein erfahrener Schläger und wusste mit dem Bo umzugehen, also schüttelte er nur grunzend den Kopf, während er einen Schritt zurück nahm, um das Gleichgewicht zu behalten, bevor er sich schnell und geschickt drehte, um Kei erneut anzugreifen.
Währenddessen verfehlte der Anzugträger Kei noch zweimal und packte sich stattdessen fluchend Colin. Als er ihn hinten am Kleid griff und auf die Beine zog, zog sich Colins Gesicht mit einem erstickten Laut vor Schmerzen zusammen. Der Anzugträger rammte ihm den Lauf seiner Pistole gegen die Schläfe.
"Schluss mit dem Theater!" brüllte er.
Kei drehte sich um, knockte den Stabkämpfer dabei mit dem Griff seiner Glock aus.
Fuck... "Ich war hier eh fertig."
"Sehr richtig," stimmte der Anzugträger zu und schoss wieder auf Kei, jetzt wo er praktisch stillhielt. Kei wurde an der Hüfte gestreift, als er auswich und dabei den Abstand zwischen sich und dem Mann verringerte. Der schoss nochmal und ging dabei selbst zu Seite, wobei er Colin mitschleifte, der wieder ein Geräusch von sich gab, das unmissverständlich von Schmerzen zeugte. Diesmal behielt er die Augen geschlossen und versuchte nur, seinen Atem zu beruhigen.
Im nächsten Moment hatte der Typ eine Faust im Magen und eine Kugel im Bein.
"Eins."
Der Mann ließ einen unkontrollierten Schuss los und krümmte sich würgend, während ihm gleichzeitig ein Bein einknickte. Dabei riss er Colin unwillkürlich nach hinten, der mit gefesselten Füßen sein Gleichgewicht nicht finden konnte und es bloß schaffte, sich mit einem Ruck nach vorn auf die Knie fallen zu lassen. So blieb er vornübergebeugt erstmal mit zusammengekniffenen Augen hocken und versuchte, sich möglichst nicht zu bewegen. Auf seinem Rücken waren seine blutverschmierten Handgelenke stramm mit dünnem Stahldraht gefesselt, der ihm tief in die Haut schnitt.
Der Mann richtete die Pistole wieder auf Kei und schoss.
Kei wurde durchschossen. Knapp unter der Lunge. Ein Durchschuss. Der Vampir zerschoss im Gegenzug den Typen mit einem Schuss ins Auge und einem, seinem letzten im Magazin, durch die Lunge.
"Alles okay?" Er richtete sich an Colin, wohl wissend, dass das eine blöde Frage war.
"Hm," sagte Colin gedämpft, der bei den letzten Schüssen vorsichtig hingesehen hatte. Er nickte und sah Kei mit Tränen in den Augen an. Er sah, wie sich das Blut auf Keis Hemd ausbreitete.
Langsam drang es in Kei Bewusstsein vor, dass er ein Loch in seinem Körper hatte. Er zuckte zusammen. Das tat weh.
"Hng..." gab er von sich, befreite Colin von Knebel und Fesseln und nahm ihn in den Arm.
Als Kei den Draht um seine Hände entfernte, schnaufte er und riss sich zusammen, um nicht aufzuschreien. Wo der Draht abgezogen wurde, quoll frisches Blut hervor. Seine Füße waren durch den Stoff seiner Schuhe um die Knöchel geschützt gewesen, aber das Segeltuch war dort, wo der Draht es umwickelt hatte, aufgerieben und zerrissen.
Er legte sein Gesicht in Keis Halsbeuge und atmete durch.
"Gleich bist du tot," flüsterte er.
"Ach was. Is nurn Kratzer." Kei sprach leise. "Lass uns gehen, ja?"
Colin nickte. Kei drehte sie beide in Richtung Tür.
"Wenn ich ohnmächtig werde, sei so gut und halt mich am Leben, okay? Ich bin zu jung zum Sterben."
Colin musste fast lachen, dann weinen, und entschloss sich, keins von beidem zu tun.
"Jetzt musst du kein Macho mehr sein." Er ging hinter die Tür, wo seine Tasche und seine Kleider hingeworfen worden waren, stopfte letztere in die erstere, wobei seine Hände zitterten und er nicht so recht die Kontrolle über sie hatte, und hängte sich die Tasche um, ehe er zu Kei zurückging und dessen Arm auf seine Schultern nahm, um ihn zu stützen.
Obwohl er es nicht zugeben würde, war Kei das willkommen. Sein T-Shirt saugte sich mit Blut voll und eben dieses lief seinen Körper herunter.
"Warte," sagte Colin plötzlich, "setz dich hier an die Tür. Weißt du, wo wir hier sind?"
"Ostviertel unter einem Nachtclub," erklärte Kei, als er sich bedacht auf den Boden fallen ließ.
"Welcher Nachtclub genau?" Colin stützte Kei auf dem Weg nach unten noch etwas und rupfte dann seine Hose und seinen Pullover aus der Tasche.
"N Kneipen- und Stripclub... Den Namen weiß ich nicht, nur die Adresse."
Die gab er Colin dann auch und lehnte sich an die Wand, an der sie gerade vorbeigelaufen waren. Colin fand sein Telefon in seine Kleider gewickelt, schaltete es an und wählte sofort den Notruf. Er schaltete auch den Lautsprecher an und legte das Telefon neben sich auf den Boden, damit er die Hände frei hatte. Er zog Keis bluttriefendes Hemd hoch. Kei ließ ihn machen.
"Was wird das?"
"Druckverband. Damit du nicht verblutest." Er ließ das Hemd klatschend auf den Boden fallen, nahm sich seinen schwarzen Rollkragenpullover und zerriss ihn. Da meldete sich jemand vom Notruf.
Colin gab die Adresse, Art der Verletzung und Anzahl der Verletzten an. Er sagte, dass sie sich im Keller des Clubs befänden und er jetzt einen Druckverband improvisieren würde. Die Frau am anderen Ende der Leitung schien sich nicht über die Umstände zu wundern oder zu zögern, sondern bedankte sich für die Angaben und kündigte professionell an, dass sie gerade einen Rettungswagen losgeschickt habe.
Während des kurzen Gesprächs hatte Colin einen Teil des Pullovers stramm zusammengerollt und auf Keis Wunde gedrückt.
"Drück drauf, so fest du kannst."
Kei tat, wie ihm geheißen. So hoher Blutverlust bekam ihm gar nicht gut. Die zweite Pulloverrolle drückte Colin auf die Austrittswunde auf Keis Rücken, und dann nahm er seine Uniformhose und band sie stramm um Keis Oberkörper. An einer Seite knotete er die Beine fest zusammen.
"Ist das sehr eng?"
"Erträglich. Ich krieg noch Luft." Kei war verdammt dünn, wenn auch muskulös. Manchmal machte er den Anschein, als könnte man ihn zerdrücken, besonders wenn so halb tot war wie jetzt.
"Lehn dich an den Knubbel auf deinem Rücken." Colin übernahm das Drücken auf der Vorderseite. "Bist du allein gekommen?" Er drückte mit der linken Hand auf den Verband, während seine rechte zitternd in seinem Schoß auf dem Rüschenrock lag und ihn vollblutete.
"Nein. Draußen ist ein Kollege, der wartet... Das Kleid steht dir nicht. Der Kimono war besser." Kei rang sich ein Grinsen ab und lehnte sich an die Wand. Colin lächelte.
"Schade. Damit sollte mir die ganze Schule zu Füßen liegen. Aber jetzt ist das auch egal, es ist sowieso kaputt." Er sah zur zerschossenen Kellertür. "Es ist wahrscheinlich besser, wenn er nicht gesehen wird, oder?"
"Der Tote oder mein Kollege?"
"Dein Kollege. Gegen den Toten können wir nichts machen. Davon haben wir hier mehrere herumliegen."
"Er hat ja nur da gestanden, es sieht aus, als wäre er ein Gast gewesen."
"Dann sollte ich ihn nicht reinholen." Er betrachtete noch einmal die Tür. "Es tut mir Leid. Sie werden die Polizei dazuholen. Aber das ist besser als zu sterben, richtig?"
"Ich hab Lärm gehört, die Typen waren schon tot."
"Was ist mit der Waffe, die du benutzt hast, mit deinen Fingerabdrücken, den Schmauchspuren auf deiner Hand und mit deinen Verletzungen?"
"Das untersuchen die doch erst, wenn ich übern Berg bin. Ich hab mich gewehrt. Ansonsten gibst du die Waffe meinem Kollegen, der ist unverdächtig."
"Gib sie mir. Hat Shingo dir alles erzählt?"
Kei gab ihm die Waffe.
"Dass ihr verfolgt wurdet und dass die dich haben wollten. Warum, weiß ich nicht."
Colin ließ die Pistole in seiner Schultasche verschwinden und legte noch die Kostümverleihtüte obendrauf, bevor er zu guter Letzt seine Schuljacke draufstopfte.
"Wir könnten erzählen, dass du auch hier gefangen warst."
"Das glauben die nicht. Die kennen mich. Ein bisschen."
Colin musste nicht fragen, woher. Er sah Kei nur ernst an.
"Du bist blass geworden," sagte er flach.
"Ist das was neues?"
Colin küsste ihn sanft. Kei erwiderte den Kuss kurz, danach schloss er die Augen und lehnte auch den Kopf an die Wand hinter sich. Die Tür zum Club öffnete sich und Menschen stampften raschelnd herbei.