Friday, July 14, 2017

Kei + Colin XCI: Zum zweiten ersten Mal



Kei schlenderte zurück zu Colin. Bei ihm angekommen sagte er ruhig: „Ich darf nicht mitkommen.“
Colin war nun angezogen, also in Schlafanzughose und T-shirt, und saß im Schneidersitz auf dem Bett. Er musterte Kei, soweit ihm das in der Dunkelheit möglich war. Bis auf drei Stück auf dem Nachttisch waren alle Kerzen aus, aber die ruhige Musik lief noch.
Er nickte.
„Dennis sagt, er braucht mich hier. Aber ich werde von mir hören lassen.“ Kei ließ sich vor Colin auf den Boden fallen, sodass er saß und schaute zu ihm hoch. Colin zuckte mit den Schultern.
„In ein paar Wochen bin ich wieder da,“ sagte er leise.
„Ich weiß. Ich kriege die Zeit schon rum.“
Colin hielt sichtlich ein Schmunzeln zurück. Relativ erfolglos.
„Jaja, lach mich aus.“ Kei lächelte leicht. Es machte ihm nicht groß was aus, Colin anlügen zu müssen. Er würde das früh genug richtig stellen.
Nun grinste Colin unverhohlen. „Ich lache dich nicht aus,“ sagte er leise. Er war wirklich nicht belustigt. Sondern sehr, auf eine interessante neue Art, gerührt und verzückt. Dieses prickelnde Schwindelgefühl meldete sich zurück.
„Schon klar.“ Kei musterte Colin vom Boden aus. Der sah ihn weiter scheinbar amüsiert an, aber mit einem sehr warmen Blick, und stützte das Kinn auf eine Hand, die er sich dabei ein bisschen vor den Mund hielt, indem er auf seinen Daumen biss. Kei musterte ihn weiter. „Wann fährst du jetzt eigentlich?“
Schulterzucken.
„Übermorgen wahrscheinlich. Oder den Tag danach. Ich brauche ja erst die Uniform und Bücher und so.“
„Okay.“ Nicht viel Zeit 'ne Wohnung zu finden.
„Warum sitzt du da auf dem Boden? Müffel ich?“ Nun schmunzelte Colin wirklich.
Kei lachte. „Soll ich mich lieber auf dich werfen?“
Noch ein Schulterzucken, diesmal elegant gekünstelt. „Du bist eh kurz davor. Warum also noch mehr Zeit verschwenden?“
Kei grinste. Er stand auf und ließ sich auf Colin fallen. „So besser?“ Colin fiel lachend zurück.
„Au. Du bist kantig.“
„Dafür entschuldige ich mich nicht.“
„Warum nicht? Ich habe mich an dir geschnitten, da!“ Er hielt einen Arm hoch und zeigte auf eine völlig unversehrte Stelle über der Armbeuge.
„Lügner, da ist gar nichts,“ sagte Kei schmunzelnd, nachdem er die Stelle begutachtet hatte.
„Du siehst nur, was du sehen willst,“ sagte Colin seufzend und ließ den Arm fallen. „Du hast mich tief verletzt,“ schmachtete er affektiert und drehte mit leidendem Ausdruck den Kopf zur Seite. Kei musste sich das Lachen verkneifen. Grinsend biss er Colin eine kleine Wunde in die Halsbeuge.
„Jetzt ist da was.“
„Ah, spinnst du? Das tat wirklich weh.“ Stirnrunzelnd wischte Colin sich über die Stelle. Es blutete nur ein bisschen.
„Ach was, das ist nur ein Kratzer.“
„Das hat richtig geknackt, Mann,“ beschwerte er sich. Sein prüfender Finger hatte nur einen winzigen Blutschmier, aber er stirnrunzelte Kei beleidigt an, während sich die Wunde schon wieder schloss. Kei lachte.
„Das muss ich überhört haben.“ Er küsste Colin.
Bevor er darüber nachdenken konnte, erwiderte Colin den Kuss gierig und schlang die Arme um Keis Nacken.
Die zwei Tage, die er noch mit Colin hatte, mussten bestens ausgenutzt werden. Kei erhielt den Kuss aufrecht und setzte sich vernünftig auf den Kleineren, was bequemer war als halb auf ihm zu liegen. So musste er feststellen, dass Colins Körper nicht begriffen hatte, dass sein Besitzer eine gewisse Sache eigentlich noch aufschieben wollte. Er wand sich unter Kei und rutschte unwillkürlich ein wenig so herum, dass aus der Bequemlichkeit etwas drängenderes wurde, während er sich eigentlich nur voll auf Keis Lippen und Zunge konzentrierte. Kei grinste ein bisschen und schob Colins T-shirt nach oben. Der schien darauf gar nicht zu reagieren, sondern saugte nur weiter an Keis Lippe und dem Ring darin. Das war dem Vampir für den Moment ganz recht. Er biss Colin auf die Unterlippe und erkundete dessen Oberkörper mit einer Hand, ohne dabei Anstalten zu machen, ihm das Shirt ganz auszuziehen. Mit einem privaten Lächeln ließ Colin ihn los, um das gleiche zu tun. Praktischerweise hatte Kei ja nichts als ein Paar zerfetzte Jeans an. Er hörte aber nicht auf, ihn zu küssen. Er wollte dabei langsam sein, aber es ging nicht.
Das konnte noch eine Weile so weitergehen. Absichtlich bewegte Kei sich ein bisschen. Colins Atmung wurde hastiger und als er feststellte, wie offensichtlich er mit seinen eigenen Beckenbewegungen auf Kei reagierte, murmelte er wie betrunken: „Das haben wir bestimmt schon hundertmal gemacht,“ gegen Keis Lippen.
„Ich hab nicht mitgezählt,“ entgegnete der grinsend.
Wenn sich das Blut in Colins Körper nicht gerade woanders konzentriert hätte, wäre er vermutlich sehr rot geworden. Er hielt Kei irgendwo am Rücken fest.
„Kannst du so tun...“ murmelte er heiser und sah zu, dass sein Gesicht dicht genug an Keis lag, dass der ihn nicht direkt ansehen konnte. Er schien Schwierigkeiten zu haben, den Satz zu beenden.
Kei schaute erst fragend, dann fragte er: “So tun, als was?“
Colin sah an Kei und sich hinunter und dann, als ihn das zu stark am Denken hinderte, ein bisschen zur Seite.
„... Als ob... wir nicht... Ich habe nämlich nicht...“
Kei musste ein bisschen schmunzeln. Was auch immer Colin wollte, es würde nichts ändern. Der Vampir wusste, dass Colin sich nicht mehr daran erinnern konnte, was sie beide gehabt hatten bevor Dennis sein Gedächtnis gelöscht hatte. Er wartete darauf, dass Colin den Satz beenden würde.
Tat er aber nicht. Er ließ Kei nur los, um sich die Hände vors Gesicht zu halten und sich frustriert ächzend auf die Seite zu drehen, soweit das unter Kei eben ging, ohne diesen köstlichen Druck auf seinen Schritt wegzuschieben. Jemandem, mit dem man schlafen wollte, zu beichten, dass man Jungfrau war und bitte auch mit Samthandschuhen angefasst werden wollte weil man anscheinend bescheuerte Märchenvorstellungen von Sex und so weiter hatte, wäre schon schlimm und peinlich genug, aber gleichzeitig zu wissen, dass man eben schon bestimmt zigmal keine Jungfrau mehr war, und mit eben genau derselben Person...
„This is so messed up,“ stöhnte er in seine Hände.
„Nur, weil du dir den Kopf zerbrichst.“ Kei lächelte und blieb auf Colin sitzen. Das Umdrehen dürfte dem Kleineren nicht schwer gefallen sein, angesichts der Tatsache, dass Kei nicht schwer war.
Kopf zerbrechen... Die Alternative wäre, richtig peinlich zu sein, wenn ich einfach alles sagen würde, was mir einfällt... Er sah Kei an, ein bisschen niedergeschlagen oder genervt vielleicht. Aber das würde dir nichts ausmachen, oder? Er hatte ja eigentlich nichts zu verlieren. Er wusste schon, dass Kei in ihn verliebt war und riskierte wohl nichts, wenn er einfach direkt wäre.
Er musterte Kei angestrengt.
Aber wenn ich in der verlorenen Zeit anders war, also wie ich wirklich bin, dann werde ich zu einer anderen Person wenn ich mich jetzt anders verhalte, weil ich mich sicher wähne-
„Du kannst mich nicht schockieren. Egal, was du sagst – oder was du denkst das ich nicht weiß,“ kommentierte Kei Colins Gedanken und musterte ihn. Colin guckte ihn verwirrt an.
„Was?“
„Denk halt nicht so laut.“
Colin riss die Augen auf und holte Luft. „Telepathie ist - nicht - erlaubt!“ rief er, indem er Kei dreimal schubste. Kei lachte.
„'Tschuldigung.“ Das meinte er nicht wirklich ernst. Er fand es gut, Colins Gedanken mitzubekommen. Auch wenn er das nicht immer absichtlich machte. Colin setzte sich auf und rutschte dabei weit genug zurück, um sich nicht selbst eine Kopfnuss mit Keis Kinn zu verpassen.
„Wenn du weißt, was ich gedacht habe, weißt du ja auch, was ich sagen wollte, also frag nicht so scheinheilig.“ Er wirkte ein wenig genervt und ziemlich peinlich berührt, aber nicht wirklich wütend. Kei schmunzelte bloß. Colins Gedanken auszublenden musste er noch lernen. Das wollte er zwar nicht unbedingt, aber lernen musste er es trotzdem.
„Hilft es, dass ich gefragt habe, bevor ich das wusste?“
Vor lauter Verlegenheit sah Colin jetzt doch fast wütend aus und konnte nichts sagen, sondern schubste Kei nur wieder.
Lach nicht, du Arsch.
Kei ließ sich nach hinten fallen. So sah Colin sein amüsiertes Gesicht wenigstens nicht. Colin wartete ein bisschen und guckte unschlüssig herum, ehe er wieder etwas sagen konnte. Nachdem er sich geräuspert hatte.
„... Ähm, und... willst du noch?“ Ohne Kei anzusehen. Kei, der seine unbequem aussehende Position nicht änderte, nickte, was Colin nicht sehen konnte.
„Ja.“ Colin konnte man fast als niedlich beschreiben, wenn Kei das Konzept von Niedlichkeit geläufig wäre.
„Und, ähm... räusper ... du kannst - würdest du... ja?“
Kei schmunzelte immer noch. „Okay.“
Colin musste verlegen grinsen und wischte sich über das Gesicht. „... Tut mir Leid...“
„Du kannst nichts dafür.“
„Doch. Ich bin sehr umständlich. Entschuldige. Das muss für dich so lästig sein.“
„Wieso? Ich bin doch schuld daran. Lästig wären ganz andere Sachen.“
„Woran bist du schuld? Reden wir von derselben Sache?“ Colin beugte sich vor, um Kei anzusehen.
„Ich bin schuld daran, dass du dein Gedächtnis los bist.“ Keis Blick lag zwischen Colins Gesicht und der Zimmerdecke.
„Wie meinst du das?“ Colin zog sich das T-shirt aus und warf es auf eine Ecke des Bettes. „Dennis hat gesagt, dass ich gefährlich war und er es darum machen musste.“
„Weil ich gesagt habe, dass er's tun soll.“
„Und warum hast du das getan?“ fragte Colin im Konversationston.
„Weil das die einzige Möglichkeit war, dass du nicht völlig durchdrehst... oder draufgehst.“
„Dann ist es doch unnötig, von Schuld zu sprechen, oder?“ sagte Colin mit einem sanften Lächeln und öffnete Keis Hose. Der Knopf war sowieso offen gewesen, also zog er nur ohne Umschweife den Reißverschluss auf. „Dann muss ich dir ja dankbar sein. Und trotzdem mache ich dir jetzt Umstände.“ Schulterzucken.
„Das nennst du Umstände.“ Kei lächelte.
Wieder zuckte Colin mit den Schultern. „Wenn ich mich plötzlich ziere, obwohl du schon hundertmal mit mir geschlafen hast, das ist... das würde mich an deiner Stelle vielleicht nerven. Das sollte alles vielleicht einfacher machen, aber es ist irgendwie doppelt peinlich... weil ich mir jetzt selbst Konkurrenz machen muss oder so.“ Stirnrunzelnd und nachdenklich kroch er über Kei, um ihn ernst anzusehen. „Ich verstehe das hier nicht ganz. Du?“
„Nein. Ich glaube, das ist auch nicht nötig.“ Kei musterte Colin, da ihm das jetzt wieder möglich war. „Wieso sollte mich das nerven, ich hab doch Zeit genug.“ Wenn er irgendetwas hatte, dann war es Zeit.
Colins Gesicht entspannte sich merklich.
„... Ich frage mich nur, ob ich jetzt anders bin. Ich weiß nicht, ob ich mich genauso verhalte wie du mich kennst. Wenn nicht - das könnte - also, sollte ich versuchen, der gleiche zu sein-“
„Du bist wie du. Nur ohne die ganzen Dinge, die passiert sind.“
„Ja. Und das macht dir nichts aus?“
„Es ist schade, dass du dich an einiges nicht erinnerst, aber da ich das nun nicht ändern kann, wieso sollte ich daran verzweifeln?“
„Nicht verzweifeln.“ Colin legte eine Faust sachte auf Keis Brust, wie in einem sanften Zeitlupenschlag. „Du könntest nur sehr enttäuscht sein, oder... irgendwie... abgetörnt.“
„Frustriert vielleicht. Manchmal.“ Kei sortierte seine Beine etwas um, da es allmählich unbequem wurde drauf zu liegen. Colin machte ihm Platz dafür und kniete nun zwischen seinen Beinen. Er richtete sich wieder auf. Er nickte.
„Wenn das alles ist... ist es gut,“ sagte er und kam sich dabei lahm vor. Ich habe das Gefühl, als müsste ich dich irgendwie trösten oder bei der Stange halten.
Bloß nicht. Das wäre merkwürdig. Kei lächelte und zog Colin wieder zu sich herunter um ihn zu küssen. Der machte es sich dankbar lächelnd auf und teilweise neben Kei gemütlich, um seinem neuen Hobby genüsslich nachzugehen. Er mochte, wie vertraut Keis Körper seinem eigenen vorkam, obwohl er ihn gerade noch kennenlernte. Kei hielt den Kleineren fest und vertiefte den Kuss.
Breathe. Breathe. Stop huffing. Breathe. Don't moan. Just breathe normally. Shit. I'm passing out.
„... you dizzy...?“ murmelte Colin sachte.
„Nope,“ entgegnete Kei leise.
„Really... but it's really good...“
Kei musterte Colin. „Nicht bewusstlos werden.“
Er schüttelte langsam und sehr high lächelnd den Kopf, ehe er Kei wieder küsste, und zwar langsam und sehr genüsslich. Leicht grinsend erwiderte Kei den Kuss. Colins Oberschenkel lag auf und auch in Keis Schritt und hielt wie der Rest von ihm nicht gerade still, obwohl er seine Lage nicht wechselte. Scheinbar versuchte er, sich durch Osmose in Kei hineinzuschmelzen oder ihn in die Bettdecke zu drücken. Zwischen dem Einsatz von Zungenspitze und Zähnen flüsterte er irgendwann: „Jetzt wirklich.“
„Ich weiß.“ Mit der freien Hand machte Kei sich daran, Colin seiner Hose zu entledigen. Eilig hatte er es damit nicht. Nach einem kurzen, wohligen Schaudern half Colin mit. Er hatte es eigentlich eilig, aber versuchte, sich zurückzuhalten. Der Weg ist das Ziel. Was Kei gerade machte, musste ausgekostet werden. Er machte bisher genau das, worum Colin gebeten hatte und irgendwie kitzelte das überall unter seiner Haut.
Während er Kei weiter gemächlich und innig küsste, kratzte er sachte mit einer Hand auf seinem Bauch entlang und schob sie dann unter Keis Hosenbund, um ihm die Jeans hinunterzuschieben. Das war allerdings etwas schwieriger, weil er selbst halb darauf lag und die Hose außerdem ziemlich eng war. Kei war so frei, sein Becken etwas anzuheben, damit Colin es mit seiner Hose leichter hatte, während er dem Kleineren die Schlafanzughose so weit herunter schob, wie ihm das gerade möglich war, ohne seine Position großartig zu ändern. Colin setzte sich auf und trat dabei seine Hose weg. Dann zog er Keis Jeans herunter. Er wirkte weniger schüchtern als vorher, dafür hauptsächlich entschlossen, wie er Kei fasziniert musterte. Kei entledigte sich seiner Hose mit einem Tritt in die Luft und küsste Colin wieder, nachdem er sich leicht aufgesetzt hatte.
Plötzlich musste Colin grinsen. „You can kiss me in the moonlight, on the rooftop under the sky, oh,“ sang er leise, „you can kiss me with the windows open while the rain comes pouring inside, oh, kiss me in sweet slow motion, let's let everything slide...“
Das brachte auch Kei zum Grinsen. Mit der rechten Hand hielt er Colin im Nacken fest und vertiefte den Kuss ein wenig.
„You've got mfl-“ Der Rest wurde weggeküsst und versickerte im Nirvana. Colins Hände strichen von Keis Hals ziellos über seine Schultern, Rücken, Brust und Bauch und er wagte sich noch zwischen seine Beine. Er befühlte und rieb Keis Halbständer sanft und war auf dessen Reaktion gespannt. Diese war ein Gefallen bekundendes Geräusch, ein nicht allzu lautes. Er biss Colin leicht grinsend auf die Unterlippe.
„Hm.“ Das war genug Ermutigung. Colin machte selbstsicherer damit weiter, nachdem er noch dichter herangerutscht war. Das ist Multitasking, dachte er abwesend, als Keis Zunge ihn wieder ablenkte. Und er fühlte sich so besoffen.
Kei verlagerte sein Gewicht so, dass er den linken Arm nicht mehr zum Aufstützen brauchte um es dem Kleineren gleichzutun. Den Kuss hielt er dabei aufrecht.
Oh my god, fuhr es dem Jungen halbschockiert durch den Kopf, und unnötigerweise You sure you wanna touch me there? Das war so merkwürdig und er musste verzückt seufzen und sich gierig gegen Keis Hand bewegen.
Yeah. Kei sprach diesen Kommentar nicht laut aus. Colin würde ihn nur schlagen dafür. Das musste jetzt nicht sein. Er bewegte seine Hand ein wenig schneller. Der Vampir war auch nicht wirklich gut darin, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun und so ließ er Colins Gesicht erst einmal in Ruhe. Es klebte trotzdem weiter auf seinem. Colin konnte sich zwar auf nichts anderes konzentrieren als das, was seine und Keis Hände da taten, aber Keis Lippen brauchte er dennoch, auch wenn sein Atem und sein Puls unregelmäßig rasten und er nichts mit ihnen anfangen konnte.
„Hm, wait,“ flüsterte er und ließ Kei los. Der ließ ihn auch gehen, etwas widerwillig, und sah fragend in dessen Gesicht. Um sie herum war es so ruhig, dass er den Herzschlag des Kleineren hören konnte.
Colin nahm nicht wahr, dass nach dem Lied von Faith Hill, das er kurz leise mitgesungen hatte, die Musik ausgegangen war. Er kroch über das riesige Bett zum Nachtschrank, um die Kondomschachtel und die Gleitgeltube aus der Schublade zu nehmen, die er während Keis kurzer Abwesenheit darin verstaut hatte. Die Schachtel warf er achtlos neben sich auf das Kissen.
In der Zeit, die Colin brauchte um das Zeug aus der Schublade zu nehmen, machte Kei die Musik wieder an und war so frei, die Zufallswiedergabe einzuschalten, damit sie nicht wieder einfach ausging. Colin fummelte ein Kondompäckchen heraus und schnupperte an dem Gel, während er da kniete und gespannt wie ein Flitzebogen wartete, Tube in der Hand und Kei erwartungsvoll anstarrend.
Kei kehrte, als er mit der Stereoanlage zufrieden war, zu Colin zurück und begegnete dessen Starren mit einem Blick, der eine Mischung aus einem freundlichen Lächeln und einem leicht dreckigen Grinsen war. Er wollte gar nicht wissen, was Colin erwartete. Im Augenblick fand er es gut, dass die Gedanken seines Freundes nicht ständig in seinem Kopf herumschwirrten. Der Vampir setzte sich neben dem Kleineren aufs Bett und küsste ihn, wobei er ihm Kondom und Gleitgelpackung abnahm.
„Oh, gu-“ -ut, mach du das... Colin erwiderte den Kuss begeistert, mit einem schaumigen Wohlgefühl überall.
Kei ließ die Gleitgeltube neben sich fallen, nachdem er festgestellt hatte, dass Kondompackungen öffnen mit einer Hand doch etwas mehr Geschick erforderte als er fähig war aufzubringen und drückte Colin leicht aber bestimmt nach hinten, ohne von ihm abzulassen. Der lehnte sich zurück, auf seine Hände, sodass er immer noch saß, und zog den Kopf zurück, um Kei zuzusehen.
Kei betrachtete Colin mit einem Blick, der vermuten ließ, dass er Colin entweder auffressen wollte, oder er ein Junkie war, dem man gerade Stoff für den nächsten Trip gegeben hatte. Dieser wilde Raubtierblick war Colin zwar unheimlich, weshalb er noch ein Stück zurückrutschte, aber er machte ihn auch zu sehr an, um ihm wirklich Furcht einzujagen. Er begegnete ihm mit einem eigenen entschlossenen Blick, der allerdings dadurch etwas an Wirkung verlor, dass er schwer atmete und auf seiner Lippe kaute.
Kei grinste leicht und beobachtete Colin. Eigentlich könnte er das den ganzen Tag machen, weil es amüsant war, ihm dabei zuzusehen. Nur jetzt gerade wollte er das nicht ewig. Er öffnete die Plastikhülle des Kondoms und küsste den Kleineren grinsend.
Mit einem brennenden Gefühl hinter den Augen erwiderte Colin den Kuss hastig und fiel beinahe rückwärts aufs Bett, weil er Kei wieder anfassen wollte und sich so nicht mehr aufstützen konnte. Mit einer ungeduldigen Hand strich er über Keis Wange und Hals, während die andere fast zitternd unter ihm nachgab.
Kei legte das Gummi zur Seite um mit einer Hand die Gleitgeltube zu befingern - mit dem Zweck sie zu öffnen. Erfolg. Er öffnete die Tube ohne wieder von Colin ablassen zu müssen und lehnte sich über ihn. Die freie Hand benutzte er zum Abstützen um nicht auf ihn zu fallen, doch Colin legte beide Arme um seinen Nacken und ließ sich selbst nach hinten fallen. Was dazu führte, dass Kei nicht viel anderes übrig blieb als auf Colin zu landen. Der küsste ihn bloß gierig weiter mit Zunge und Zähnen und hakte seine Beine um Keis, damit der blieb wo er war und Colins Beckenbewegungen nicht ins Leere stießen. Grinsend beschmierte Kei einhändig seine rechte Hand mit dem durchsichtigen, glitschigen Zeug. Das war etwas umständlich, aber machbar, sogar ohne Colins Bettzeug damit zu versauen - nicht dass ihm sonderlich daran gelegen wäre, Colins Bett sauber zu lassen. Er kam Colins kurzen, hastigen Stößen mit eigenen entgegen, während derer er mit zwei Fingern in den Kleineren eindrang.
Oh, really now- Colin wusste, dass ihn das nicht so überraschen sollte. Er hielt trotzdem stirnrunzelnd die Luft an. Körperlich war es nur leicht unangenehm. Die Peinlichkeit dieser ganzen Geschichte überwog einfach. Er hielt Kei fest bei sich, damit er ihm nicht ins Gesicht sehen musste. Anstatt ihn weiter zu küssen, leckte er sich jedoch nur selbst verlegen die Lippen. Kei grinste und bewegte seine Hand ein bisschen, nebenbei hinterließ er leichte Bissspuren an Colins Hals. Die Bisse ließen Colin leise aufstöhnen, oder er konnte es gut darauf schieben, in seinem eigenen Kopf, ohne sich einzugestehen, dass Keis Finger schuld waren. Er kratzte sanft auf Keis bunten Schultern und Rücken herum. Mit den Beinen konnte er ihn jetzt nicht mehr festhalten.
Kei führte sein Tun noch eine kleine Weile fort, man konnte meinen, er hätte ein Muster aus kleinen Verletzungen auf Colins Hals hinterlassen wollen. Doch kaum dass er damit fertig war, waren die ersten auch schon wieder verheilt. Leise stöhnend stemmte Colin sich in die dicke, weiche Decke, Keis Hand entgegen. Er hatte ihn losgelassen und krallte sich nun in die Decke. Zwischen ihnen wurde es ein wenig glitschig, als Colins Eichel etwas zu tropfen begann. Kei küsste den Kleineren und biss ihm beinahe zärtlich auf die Unterlippe der daraufhin mit einem leisen Geräusch seufzte, das ihm peinlich gewesen wäre, wenn er noch geradeaus hätte denken können. Die Musik und Kei auf ihm lenkten ihn davon ab, während er langsam zurückküsste und sich unter ihm wand. Vor seinem inneren Auge erschien ein bescheuertes Gänseblümchen, das Blütenblätter fallenließ.
He loves me, he loves me not, he loves me, he loves me not, he loves me-
Kei ließ von Colin ab, um sich des Gummis anzunehmen. Im ersten Moment entfuhr Colin noch ein hilfloses Seufzen vor verzweifelter Enttäuschung, dann versuchte er, sich aufzurichten um zu sehen, was Kei machte, gab das aber gleich wieder auf und ließ sich wieder zurückfallen. Er wischte sich über das Gesicht. Seine Hände waren etwas kühler als seine brennenden Wangen. Seine Beine bewegten sich von selbst, um möglichst viel von Kei zu berühren, der da zwischen ihnen kniete und er musste so dringend angefasst werden.
Kei ließ Colin nicht lange Zeit enttäuscht zu sein, was überhaupt nur der Tatsache geschuldet war, dass man Kondome nicht einhändig aus der Verpackung nehmen konnte. Nach dem Überziehen beugte er sich wieder über den Kleineren, küsste ihn und ersetzte seine Finger nicht besonders vorsichtig durch sein Geschlecht.
Holy shit it's happening now- fuhr es Colin zuerst siedendheiß durch den Kopf. Doch weil Kei sich und ihm kein bisschen Zeit ließ, trieb ihm ein stechender, rauher Schmerz und schließlich ein merkwürdiges Schwindelgefühl alle Gedanken aus und er zitterte nur stöhnend und biss Kei versehentlich auf die Lippe. HOLY SHIT. Das war besser als – besser als – Geigespielen.
Es wäre zwar genug Zeit vorhanden gewesen um vorsichtig zu sein, nur kam Kei das nicht in den Sinn. Wenn er irgendetwas gerade nicht brauchte - Colin offensichtlich auch nicht - war das vorsichtiges Zögern. Ohne Colin sich an dieses Ausgefülltsein gewöhnen zu lassen, begann er sich zu bewegen. Gierig bewegte er sich etwas schneller, wobei seine Stöße zunehmend härter wurden.
Ow, fuck- Der rauhe Schmerz blieb und nahm zu. Das andere, gute Gefühl aber auch. Um Kei nicht den Rücken oder die Arme zu zerkratzen, raufte Colin sich Teile der Decke über seinem Kopf zusammen, den er schluchzend darin vergrub. Er hatte Schwierigkeiten zu atmen. Immer wenn er Luft holte, trieb Kei sie ihm wieder aus. Und er hoffte abwesend, dass Kei ihm nicht genau ins Gesicht sah, denn er wusste, dass er weinte, wollte aber nicht, dass Kei aufhörte.
Eigentlich schon, aber eigentlich nicht.
Kei hatte die Augen halb geschlossen und führte eher mehr als weniger rücksichtslos fort, was er tat. Colin dabei anzusehen gelang ihm nicht wirklich. War ihm auch egal.
Colin konnte sein Zucken und Zittern nicht kontrollieren, oder sein Stöhnen, das allmählich zu leisen Schreien wurde, also rupfte er sich die Decke über das Gesicht, um hineinzubeißen. Er merkte nicht einmal, wie er kam. Nur, dass er sich wie in einer perversen Version von Elektroschocktherapie vorkam.
Kei kam stöhnend eine kleine Weile nach Colin, dessen Gesicht er nun doch gern gesehen hätte. Zu hören, was der Kleinere verlauten ließ, war allerdings ebenso gut. Sein Kopf war nicht weit von Colins Schutzschilddecke entfernt. Berauscht lächelnd und schwer atmend ließ er sich auf Colin sinken und zog sie ihm vom Gesicht.
Der zuckte und zitterte noch und atmete schwer. Er verlor seinen Griff in das feuchte Bündel auf seinem Gesicht aber ließ es einfach wegrutschen. Luft war auch gut, und jetzt da Kei stillhielt, konnte er vielleicht aufatmen und aufhören, so unkontrolliert zu schluchzen. Kraftlos wischte er sich mit einem Unterarm über das nasse Gesicht, weil der gerade so praktisch da in der Nähe war, und ließ ihn dann auch über seinem Kopf liegen. Kei vergrub sein Gesicht in Colins Halsbeuge und blieb luftholend auf ihm liegen. Mit einer Hand strich er ihm leicht übers Gesicht.
„Du - hast - Das war - nicht - nett,“ schluchzte Colin atemlos. Er schien aber bloß erschöpft zu sein. Immerhin weinte er nicht mehr. Right. Anything else I'd like to embarrass myself with?
„Sag bloß, du hast Nettigkeiten von mir erwartet,“ nuschelte Kei leise in Colins Halsbeuge.
Ja, habe ich! rief er in Gedanken, weil er seiner Stimme jetzt nichts mehr zutraute, und hoffte, dass das bei Kei ankam. Das hat wehgetan! Er wollte Kei von sich runterschubsen, fand aber nicht einmal die Energie, seine Arme überhaupt zu heben.
„Klang nicht danach, als hätte dich das groß gestört.“ Keis Gesicht zierte ein leichtes Grinsen.
„Are you - fucking - kidding - Get off!“ Nun schaffte Colin es, Keis Schulter zu schlagen. Der blieb einfach unbeeindruckt liegen und schmunzelte. Colin gab sich die Zeit, um seine Atmung noch etwas zu beruhigen. „Haben wir das immer so gemacht?“ fragte er schließlich heiser.
„Weniger romantisch,“ kommentierte Kei. Colin machte ein säuerliches Gesicht, das Kei nicht sehen konnte.
„Das war nicht romantisch,“ brummte er. „Das war brutal.“
„Ich meinte die Umgebung.“ Er machte eine kleine Pause. Im Vergleich zu Colins wirklichem ersten Mal und Sex neben der Leiche seines Vaters war das schon romantisch. Mit Kerzen und Musik. „Es hat dir gefallen.“
„... Am Anfang. Ja...“ gab Colin leise zu. „Danach... Das machen wir nicht nochmal,“ murmelte er. Dass es vielleicht etwas leichtsinnig war, das jetzt zu sagen, während Kei noch wie ein heißer, nasser Baumstamm in ihm steckte, fiel ihm zu spät ein. Kei schmunzelte bloß.
Das klang ganz anders. Du kannst mir erzählen, was du willst.
Als Kei nicht zu reagieren schien, fragte Colin zaghaft: „War ich ein Masochist?“ und schämte sich gleich für die bescheuert klingende Frage.
„Scheinst du immer noch zu sein.“ Kei grinste ein bisschen.
„... Du kannst mich mal,“ sagte Colin matt. Ihm fiel nichts besseres ein.
„Immer gerne,“ entgegnete Kei leise.
Nur weil er immer noch in dieser Hormonsuppe schwamm, traute Colin sich, folgendes laut auszusprechen: „Wann habe ich gesagt, dass ich gut finde, was du machst? 'Oh yeah baby fick mich, härter, tiefer, schneller' - Habe ich das irgendwann gesagt, huh?“ sagte er heiser. Herausfordernd. Des Nachdrucks wegen schlug er Kei nochmal auf den Oberarm.
„Nicht wörtlich.“ Kei grinste. Hast du, nur nicht heute.
„Also habe ichs nicht gesagt!“
Kei lachte ein bisschen. „Und wenn du wieder laufen kannst, kommst du an und sagst 'Mach das nochmal'.“
Colin rutschte herum und schob Kei halb von sich herunter - sodass er aus ihm herausrutschte - um ihn zu ohrfeigen. Kei fing seine Hand grinsend ab. „Zu langsam.“
Colin holte Luft und funkelte Kei wütend an. „Raus,“ sagte er heiser.
„Bist du sauer? Ich wollte nicht, dass du sauer wirst.“
„Bin ich-“ Er starrte Kei ungläubig an und vergaß darüber, seine Hand zurückzuziehen. „Das hat scheißewehgetan und du machst bloß Witze! Ich dachte du hättest kapiert, was ich von dir will und dann machst du – SOWAS! Ist ja kein Wunder, dass ich wahnsinnig geworden bin!“
„'Tschuldigung.“ Hey! das war nicht meine Schuld!
„'Entschuldigung'?! Ernsthaft?“ Er schubste Kei. „Ich war so kurz davor -“ Er zeigte 'ein bisschen' mit Daumen und Zeigefinger und sah Kei dann wieder böse an, nur um sich auf die Zunge zu beißen, damit er den Satz nicht beenden musste. Er schien vergessen zu haben dass 'sozial' oder 'Menschen verstehen' nicht zu Keis Qualitäten gehörten.
Mir eine zu scheuern? Mich gern zu haben? Mich aus dem Fenster zu schmeißen? Kei musterte den Kleineren.
Mich in dich zu verlieben.
Kei musterte Colin weiterhin. Einfach mal den Mund halten zu können würde ihn aus einer Menge Mist heraushalten. Colin sah ihn nicht direkt an und guckte dafür schamvoll irgendwo unter seinem Gesicht herum. Nackter Kei war aber nicht sehr hilfreich beim Nicht-verlegen-werden, und so kaute er sich nur weiter auf der Zunge herum und hoffte, dass seine sehr warmen Wangen nicht so rot waren wie sie sich anfühlten. Er steckte sich eine Locke hinters Ohr.
„... Ich werde nicht sagen 'Mach das nochmal',“ murmelte er. „'Mach das anders' vielleicht.“
Kei rollte sich auf die Seite. Er lächelte leicht und nahm die Hand mit der Colin ihn gerade noch hatte schlagen wollen. Colin ließ ihn, aber konnte ihn nicht direkt ansehen. Kei schloss die Augen und behielt Colins Hand in seiner. Colin drehte sich auf die Seite, auf Kei zu, und musterte ihn stumm.
Der lächelte und schien fast zu schlafen.
Nach einer Weile machte auch Colin die Augen zu und driftete weg.

Kei + Colin XC: Finger weg


Als Kei durch die Tür zurückkam, nass vom Novemberregen und mit einer kleinen Tüte in der Hand, kniete Colin sich auf Keis Bett eilig hin. Er hatte nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt. Kei warf die Tüte mit den Einkäufen aufs Bett, neben Colin, und pulte sich umgehend das nasse Shirt vom Körper. Mit einer Hand auf der Tüte hielt Colin inne, um Kei zuzuschauen. Da war etwas entschieden ablenkendes an ihm, wie die Kleidung an ihm klebte und er sich aus seinem T-shirt pellte.
Da er die Stiefel nicht zugebunden hatte, war es leicht, sie wieder loszuwerden. Die nassen Kleider wurden zu einem Haufen auf dem Fußboden. Der war groß genug, sodass es niemals aussah, als wäre er sehr unordentlich. Er betrachtete Colin mit leichtem Grinsen. Der starrte ihn seinerseits an, aber hauptsächlich staunend.
Kei setzte sich, seine Hose ausziehend, neben Colin und musterte ihn leicht amüsiert lächelnd. Der riss sich schließlich von Keis Anblick los, als noch mehr Haut zum Vorschein kam, und lenkte sich mit dem Inhalt der Tüte ab: Einer Packung Kondome und einer Tube Gleitgel.
Während er die Inhaltstoffe hinten auf der Tube las, ohne mit der Information etwas anfangen zu können, wurde ihm nur bewusst, wie unvorbereitet er mental war und dass er sich bloß an der Tube festhielt. Er wusste nicht, was Kei sich vorstellte, er wusste nicht, was er selbst wollte und was ihm gefiel, ob er sich alles trauen würde, das Kei vielleicht von ihm erwartete -
Kei fühlte sich an das andere 'erste Mal' erinnert, entschied sich aber dagegen, Colin jetzt zu erzählen, wie es damals abgelaufen war, als er ihn an seinem Geburtstag im Park entjungfert hatte. Das konnte er irgendwann mal machen. Zu Colins Glück erwartete Kei auch nichts von ihm. Die Zigaretten, die zuletzt noch aus der Tüte gefallen waren, warf der Vampir mitsamt der Tüte auf den Schreibtisch.
„Verschieb das Nachdenken auf später.“ Er nahm dem Kleineren die Tube ab und küsste ihn. Scheinbar grundlos verwirrt erwiderte Colin den Kuss erst, dann zog er eilig den Kopf zurück.
„Warte - Komm mit.“ Er rutschte zur Seite und zur Bettkante. Kei blickte ihn fragend an, folgte ihm aber aus dem Bett.
Beim Aufstehen drohte das Handtuch, sich zu lösen und herunterzurutschen, und Colin hielt es fest, während er mit verschämtem Blick zur Badezimmertür ging. Als er sie öffnete, konnte man gedämpft Geräusche aus seinem Zimmer durch die Tür auf der anderen Seite hören.
Kei musste grinsen, als Colin sein Handtuch festhielt. Lange würde er es ohnehin nicht mehr haben. Eigentlich konnte er es doch auch gleich loslassen.
Er ging Colin nach, zum Badezimmer.
Bevor er die Tür zu seinem Zimmer öffnete, hielt Colin inne, atmete durch und hoffte inständig, dass Kei ihn nicht auslachen oder etwas blödes sagen würde. Denn er hatte alle vierzehn Kerzen, die er im Schrank unter dem Waschbecken gefunden hatte, auf dem Nachttisch, den Fensterbänken und dem Schreibtisch verteilt, angezündet und Musik angemacht, nachdem er geduscht hatte und Kei noch nicht wieder zurückgekommen war.
Er biss die Zähne zusammen und riss die Tür auf, ohne Kei anzusehen.
Der sah sich staunend im Zimmer um.
Niemals hatte sich irgendwer seinetwegen wirklich Mühe gegeben. Nicht, dass er der Typ zum Mühegeben war. Er hätte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit. „Du hast dich richtig angestrengt,“ sagte er anerkennend, auch wenn das vielleicht nicht die ideale Reaktion war.
„Ich habe Kerzen angezündet,“ sagte Colin leise mit einem kleinen verwirrten Schmunzeln. „Das war jetzt nicht allzu anspruchsvoll.“ Er warf einen besorgten Blick auf die Stereoanlage. Vielleicht waren Ronan Keating und The Corrs doch etwas zu schnulzig?
„Aber es sieht nach Mühe aus.“ Kei sah sich noch ein bisschen weiter um. Das Bett sah normal aus, das hieß unberührt, die antike Geige und ein Stapel Bücher aus der schlosseigenen Bibliothek lagen auf dem Schreibtisch, mehr davon auf dem Nachttisch, und insgesamt war der ganze Raum sehr ordentlich. Die einzigen sichtbaren Kleider waren die, die Colin vor seiner eiligen Dusche ausgezogen hatte, und die lagen und hingen ordentlich zusammengelegt auf einem Stuhl neben der Badezimmertür. Kei betrachtete den Raum noch ein bisschen und verschwand dann kurz, um Kondome und Gleitgeltube zu holen, die er in seinem Zimmer liegengelassen hatte. Er warf beides auf Colins Bett, als er wieder neben ihm stand. Der Junge hatte sich kaum bewegt. Er hatte sich etwas entspannt, schien es, und als Kei zurück war und die Dinge mitgebracht hatte, zog er wieder unwillkürlich die Schultern hoch.
Er räusperte sich. „Ich werde sehr schlecht sein,“ sagte er leise.
„Ach was.“ Kei küsste ihn.
Er schloss die Augen und lehnte sich Kei entgegen. Mit Keis Lippen und Zunge, seinem Regengeruch und all der nackten Haut brauchte Colins Erektion nur ein paar Sekunden, um sich zurückzumelden. Zögerlich legte er die Hände auf Keis Schulter und Nacken, und er wollte ihn mehr anfassen, aber irgendein lästiger neuartiger Respekt hielt ihn davon ab. Kei grinste leicht und war so frei, Colin seines Handtuchs zu entledigen.
Nun musste Colin sichergehen, dass Keis Mund seinen nicht verließ. Wenn er den Kopf zurückzog, würde Kei ihn vollständig sehen können. Das galt es zu verhindern. Außerdem fühlte sich Kei sowieso zu gut an, um das hier jetzt zu unterbrechen. Colin nagte langsam und vorsichtig an seiner Unterlippe und strich mit den Fingern über seinen Rücken. Ihm fiel nutzloserweise am Rande auf, wie interessant es doch war, dass man das riesige Tattoo überhaupt nicht spüren konnte. Die Haut war einfach nur weich und warm, gespannt über etwas viel härteres und starkes.
Kei hatte gerade gar nicht vor, damit aufzuhören, Colin zu küssen. Er hob ihn hoch. Das war ein leichtes. Colin war nicht schwer.
Er machte ein leises Beschwerdegeräusch, hatte aber eigentlich gar nichts dagegen, getragen zu werden, und so legte er nur die Beine um Kei, der glücklicherweise noch seine Boxershorts trug. Die waren zwar eng und momentan noch zusätzlich gewölbt und ausgedehnt, aber sie waren immerhin noch da, als dünne Barriere. Hinter Kei hakte er die Füße zusammen und seine Hände krallten sich nun in seine Schultern. Er merkte nicht, wie er gieriger und härter wurde, während er Kei küsste. Kei bemerkte es, aber sich zu beschweren wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Er trug Colin zum Bett.
„Sagst du mir, wenn ich was falsch mache?“ sagte Colin leise, als er Kei losließ. Er leckte sich die Lippen und rutschte rückwärts auf das Bett.
„Klar.“ Kei grinste leicht und küsste Colin wieder.
Um sich von seiner eigenen Nacktheit und Erregung abzulenken, konzentrierte Colin sich weiter nur auf Kei. Darauf, ihn anzufassen, wo es nur ging. Aber nicht zu hastig. Und mit geschlossenen Augen. Colin war ja nicht leicht zu haben. Oder gierig. Aber auch nicht zu langsam. Er war schließlich auch nicht prüde.
ARGH! Er ohrfeigte sich innerlich und ließ sich mit den Händen über dem Gesicht zurückfallen.
Kei hatte Spaß daran, Colins Reaktionen zu beobachten. Im Schein der vielen Kerzen, die Colin aufgestellt hatte und die ausreichend Licht erzeugten - nicht, dass Kei welches brauchte - beschäftigte er seine rechte Hand zwischen den Beinen des Kleineren, wobei er sich mit der anderen auf dem Bett abstützte, vor dem er stand. Luftholend winkelte Colin die Beine an und stellte sie auf, um Keis Arm wegzustoßen, ohne die Hände vom Gesicht nehmen zu müssen. Kei grinste daraufhin nur, nahm seinen Arm aber da weg, nur um sich ein Handgelenk von Colin zu schnappen und dessen Arm freundlich aufs Bett zu drücken. Den wieder hergestellten Zugang zu Colins Gesicht nutzte er aus um seinen Freund zu küssen.
Im ersten Moment konnte der vor lauter Einverständnis nicht anders reagieren, als den Kuss zu erwidern. Aber kaum dass der Vampir über ihm lehnte, fiel es ihm wieder ein und er drückte mit dem freien Arm gegen seine Brust.
„Warte.“
„Hm?“ Kei blickte Colin an und musterte sein Gesicht interessiert.
Oh mann, hör auf, mich anzusehen. Um nicht nur überwältigt zurückzustarren - „Deine Augen leuchten im Dunkeln.“ - Ja, genau, du Genie, das wars was du sagen wolltest. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt zum Sterben... „Äh, ich meine,“ fügte Colin intelligent hinzu, indem er seinen Blick ziemlich gewaltsam von Keis Gesicht losriss und zur Seite wandte, „das ist doch wahnsinnig... merkwürdig... Also nicht die Augen jetzt! Ich meine... äh...“
„Ich hab keine Ahnung, was du mir sagen willst.“ Kei konnte es nicht lassen, den Kleineren zu betrachten – wollte er auch nicht. Er küsste Colins Hals und hinterließ dabei ein paar blau-rote Spuren. Keine gute Idee... „Versuchst du, mich zu beißen?“ flüsterte Colin. Und räusperte sich. Was Kei da machte, fühlte sich auf schwindelerregende Weise gut an, dieser kleine Schmerz hier und da. Er wollte ihn wieder anfassen, aber eigentlich wollte er doch gerade irgendwas sagen.
„Nein. Das würdest du merken.“ Kei setzte sein Treiben fort. Wollte Colin ihm nicht irgendwas erzählen? Das würde er wohl noch, wenn es wirklich wichtig war.
„Ich bin außerdem auch tot. Davon hättest du bestimmt gar nichts,“ mutmaßte Colin, immer noch im Flüsterton. Er wand sich ein bisschen unter dem Vampir und rutschte weiter rückwärts, aber nur um ihm Platz zu machen - nicht dass das Bett nicht auch so groß genug gewesen wäre - und um sich etwas auf die Seite zu rollen und Kei zuzuwenden. Kei rutschte ein Stück aufs Bett, sodass er nun darauf kniete. Große Betten waren wirklich praktisch.
„Du bist nicht tot-tot, also hätte ich was davon.“ Er machte weiter und ließ seine rechte Hand wieder in Richtung Colins Körpermitte wandern.
„Nicht.“ Colin fand Keis Handgelenk und hielt es fest, ehe er sich aufsetzte. „Entschuldige. Es tut mir Leid, dass du dir die ganze Mühe umsonst gemacht hast.“ Er sah vorsichtig aus und klang wirklich nach Reue. Kei hielt inne. Er schaute ihn leicht verwirrt an. Fragend. Nicht wirklich enttäuscht, aber auch nicht gerade so, als wäre er sonderlich begeistert.
„Was ist dein Problem?“ fragte er ruhig.
Colin ließ Keis Hand los, um sich selbst mit der Faust einmal über die Brust zu reiben. Dieses Hämmern...
„Das ist zu... schnell... Ich könnte schon tot umfallen, weil ich gerade nichts anhabe... mehr... kann ich jetzt nicht...“ Er stellte die Beine auf, legte die Arme auf die Knie und vergrub eilig das Gesicht darin. „Es tut mir Leid! Ich machs wieder gut. Aber jetzt gehts nicht!“ Ich muss ihm ja so bescheuert vorkommen. Er kennt mich seit Jahren.
„Ich hatte nicht vor, dich umzubringen.“ Nicht jetzt und nicht heute... Kei musste schmunzeln, denn damals war das ähnlich verlaufen. Nicht an nur einem Tag, sondern an vielen. Er setzte sich auf.
„Nein,“ sagte Colin von hinter seinen Armen, „Sex ist gruselig genug.“
„Das sagst du jetzt.“ Kei musste sich beherrschen, nicht zu lachen. Das aus Colins Mund zu hören war mehr als ungewohnt. Und sehr lange her.
Colin nickte, ohne den Kopf zu heben.
„Ich überzeuge dich vom Gegenteil,“ sagte Kei grinsend. Dass er's gerade scheiße fand, dass Colin diese Idee JETZT kam, schluckte er herunter. Das musste der Kleinere in diesem Moment nicht wissen.
Colin hob den Kopf und sah Kei seitwärts an, das andere Auge zugekniffen.
„Du bist nicht sauer?“
„Ich werde nicht daran sterben,“ entgegnete Kei. Sauer war er wirklich nicht, höchstens frustriert.
Colin musterte ihn vorsichtig. „Ich mag dich wirklich, weißt du?“ Er fand, dass er das nochmal sagen musste. Im Moment wirkte er nämlich wohl nicht so. „Wie sagt man so schön - Ich will dich eigentlich nicht von der Bettkante schubsen.“
„Diesmal ist es tatsächlich 'ne Bettkante.“ Kei ließ sich so fallen, dass er auf dem Rücken auf Colins Bett lag.
Dach, ein anderes Dach, Pavillon im Park und viele andere Orte, aber ein richtiges Bett war selten darunter gewesen.
Colin musste lachen. „Sag nicht, das passiert dir öfter.“
„Ist mir mit dir öfter passiert, wenn du das meinst.“ Kei schaute an die Decke.
„Ehrlich? ... Bin ich prüde?“ fragte Colin stirnrunzelnd, als spräche er gar nicht über sich selbst.
„Sagen wir, dich zu überreden war nicht einfach.“ Kei wandte den Blick zum Fenster, wo außer drei Kerzenflammen nicht viel zu sehen war. Colin blieb für kurze Zeit still.
„Vielleicht bist du auch einfach nicht so gut wie du dachtest,“ versuchte er danach scherzhaft.
Kei musste lachen. „Der Meinung warst du damals nicht.“
„Das kann jeder behaupten. Was für ein Glück für dich, dass ich Amnesie habe.“ Colin grinste und rutschte dichter an Kei heran, um sich neben ihn zu setzen. Er setzte einen Fuß zwischen Keis Beine und strich mit einer Hand federleicht und langsam scheinbar wahllos über verschiedene Stellen auf Keis Torso.
„Du wirst noch sehen, dass das nicht gelogen ist,“ grinste Kei und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Pff... ich hab schon wieder vergessen, was die Lüge war, also sei ruhig.“ Selig schmunzelnd und mit dem Kinn auf dem Knie machte er damit weiter, Kei streichelnd zu ertasten. Eigentlich fühlte Keis Haut sich nur gut an.
Kei wusste nicht, was er davon halten sollte, dass Colin ihn erst abblitzen ließ und dann wieder begrabbelte. „Jaja. Lügner.“
Colin lächelte bloß und zuckte mit den Schultern. Sein Zeigefinger wanderte in lässigen Schlangenlinien bis zum Schlüsselbein hinauf. „Bist du kitzelig?“
„Nö.“ Jetzt schaute Kei zu Colin. Probeweise kraulte der trotzdem Keis Achselhöhle.
„Hm. Tatsache.“
„Was wird das, wenn's fertig ist?“
„Was?“ Colins Hand leistete schnell der anderen an seinem Schienbein Gesellschaft. Kei schmunzelte.
Colin lächelte. Vielleicht ein bisschen erleichtert.
Er kniete sich hin, das eine Bein nun beinahe in Keis verhakt, und beugte sich über den Vampir, der ihn nur ansah und abwartete, was jetzt kommen würde. Dieser Blick ließ Colin noch einmal zögern, oder lenkte ihn bloß ab, wie so vieles immer wieder, aber schließlich stützte er sich neben Keis Arm irgendwo auf und küsste ihn, sehr langsam und sachte und nur mit den Lippen. Kei erwiderte den Kuss. Das war gemein. Erst so, dann so. Es gab niemanden, den er so sehr auffressen und umbringen wollte wie Colin.
Mit den Lippen fuhr Colin langsam und vorsichtig über Keis Kinn und dann die Wange und Schläfe hinauf, über die Stirn und auf der anderen Seite zurück.
„Ich mag deine Augen,“ flüsterte er ihm dort ins Ohr.
„Weiß ich,“ grinste Kei leise. Er strich Colin mit einer Hand übers Gesicht.
„Alles andere auch,“ raunte Colin schmunzelnd und blieb einfach knapp über Keis Halsbeuge hängen.
Kei gab ein Geräusch der Zustimmung von sich. „Manchmal zweifle ich daran,“ scherzte er.
„Dann sag bescheid, wenn dein Ego gepusht werden muss. Dann hol ich dir einen Spiegel oder so.“
„Geht nicht. Bin schon dran gewöhnt.“
Colin lachte leise. „Okay, ich sags dir alle paar... Monate einmal.“
„Wie aufmerksam von dir.“ Kei lächelte leicht. Frustriert war er trotzdem.
Um nicht wieder zu lachen, küsste Colin Keis Halsbeuge. Ein paarmal. Bis zu seiner Schulter, wo die eintätowierte Monsterfratze sichtbar war. Kei ließ ihn machen. Wie das wohl werden sollte, wenn sie wieder zur Schule gingen? Sicher amüsant. Er hatte keine Ahnung, wie Inverness so war, aber das war egal. Es war etwas Neues. Kei hatte das Gefühl, schon etwas zu lange in Lancaster festzusitzen. Es war Zeit für etwas Neues. Er setzte sich auf, als er jemanden in der Nähe wahrnahm. Dennis. Der kam ihm gerade recht.
„Ich komm gleich wieder,“ informierte er Colin beim Aufstehen.
Colin setzte sich mit auf und sah ihm nach, bis er den Raum verlassen hatte. Dann blickte er sich dumpf im Raum um wurde sich bewusst, dass ihm tatsächlich immer noch schwindlig war. Wer brauchte schon Drogen, wenn er Hormonüberschuss hatte? Er beschloss, ein paar der gefährlich tiefbrennenden Kerzen zu löschen.

Dennis war ohne Umwege, aber nicht besonders eilig, in sein Zimmer gestiefelt. Kei zog sich in seinem eigenen Zimmer eine trockene Hose an und ging dann zu ihm.
„Dennis. Du kommst gerade recht. Ich habe eine Idee.“
Dennis hatte gerade seinen Mantel auf das mit Papier und diversen Werkzeugen übersäte (nie zum Schlafen benutzte) Bett geworfen und sich den Schreibtischstuhl herausgezogen. Nun hielt er inne und musterte Kei von oben bis unten.
„Ach,“ sagte er.
„Colin soll ja wieder zur Schule gehen. Ich will mitgehen.“ Kei musterte seinen Bruder und dessen Zimmer. Es sah hier aus wie immer - naja, vielleicht etwas voller mit Kisten und Elektroteilen als sonst, aber nicht auf außergewöhnliche Weise. Dennis selbst machte auch einen normalen Eindruck. Vielleicht ein wenig ernster als sonst, aber womöglich war er nur müde. Oder von Keis halbnacktem Überraschungsauftritt betont unbeeindruckt.
„Wer hat gesagt, dass er zur Schule gehen soll?“
„Rupert anscheinend. Das jedenfalls hat Colin mir vorhin erzählt.“ Was macht der mit dem ganzen Zeug? Kei schaute auf das ganze Elektrozeug. „Wofür ist der ganze Kram?“
„Für meinen Job. Schön für ihn. Das ist eine gute Idee.“
Kei sah ihn überrascht an. Damit hatte er nicht gerechnet. „Das war ja einfach,“ sagte er mehr zu sich selbst als zu Dennis.
„Huh? Was?“ Dennis, der kurz auf eines der vielen Papiere auf seinem vollen Schreibtisch geschaut hatte, blickte verwirrt wieder zu Kei auf.
„Ich hab nicht damit gerechnet, dass du so einfach zustimmst,“ entgegnete Kei und musterte seinen Halbbruder, der sich nicht großartig für das, was er zu sagen hatte, zu interessieren schien.
„Zust-“ Dennis' Blick wurde groß, dann runzelte er die Stirn. Das ließ ihn noch ein ganzes Stück jünger aussehen. „Was? Dass du mitgehst?“
Hätte ja klappen können... „Ja.“ Kei sah ihn an, ziemlich sicher, dass Dennis ihm jetzt zuhörte.
„Nein.“ Das Stirnrunzeln sah ziemlich eindringlich aus. Insgesamt wirkte Dennis sowieso gerade wie ein verrückter Erfinder, der an dreißig Dinge gleichzeitig dachte und sich sehr konzentrieren musste, um nicht den Faden dieses Gesprächs zu verlieren.
„Warum nicht?“ Keis Blick wandelte sich zu leichter Genervtheit, angesichts der Tatsache, dass er jetzt wohl doch mit dem Älteren diskutieren musste. Müde rieb der Bruder sich mit einer Hand über das Gesicht, dann stützte er sich auf den Schreibtisch.
„Nach euch wird gesucht. Das hast du doch hoffentlich begriffen. Wenn ihr beide zu zweit auftretet, seid ihr am leichtesten zu identifizieren.“
„In einem Internat irgendwo in der Provinz? Wohl kaum.“
Dennis kniff ein bisschen die Augen zusammen und schien nachzudenken, aber nur ein paar Sekunden lang. Dann nahm er eine der beiden Pistolen aus seinem umgeschnallten Halfter und knallte sie auf den Schreibtisch, näher bei Kei als sich selbst. Kei blickte ihn skeptisch an und legte den Kopf schief. Er wartete auf eine Reaktion auf das, was er gesagt hatte. Das war keine.
„Was soll ich damit?“
„Du sollst mich erschießen.“ Dennis zeigte auf seine Stirn. „Aber machs richtig. Wenn du den Widerstand zerstören und uns alle umbringen willst, dann sei konsequent.“
„Jetzt übertreibst du. Ob ich nun hier unbeobachtet rumhänge oder zur Schule gehe, ist doch völlig egal.“
„Es tut mir Leid, dass du deinen Schulabschluss aufschieben musst,“ sagte Dennis leise. Es klang gefährlich. „Aber es gibt wichtigeres. Sobald du mit Colin draußen unterwegs bist, seid ihr wie ein blinkender Leuchtturm für die Instanz.“ Er sah Kei finster an. „Ich habe einen Gegenvorschlag.“
„Der da lautet?“
„Erstens: Du sagst Colin, dass du nicht mitkommen kannst, weil wir dich brauchen. Zweitens: Du reist ihm hinterher und suchst dir in Inverness eine Bleibe. Unter falschem Namen, versteht sich. Du erzählst niemandem davon. Drittens: Du richtest ein Postfach ein und kommunizierst ausschließlich darüber mit einer Postfachadresse, die ich dir mitgebe. Du gibst dich Colin nicht zu erkennen und zeigst dich niemals in seiner Nähe. Du wirst ihn beobachten und bewachen – als sein anonymer Leibwächter. Da du dich für nichts anderes zu interessieren scheinst, kann ich dich so am besten einsetzen - und muss für diesen bescheuerten Leichtsinn keinen meiner wenigen Leute abstellen.“
Kei sah Dennis wenig begeistert an. Das war so als würde man einem Kind sagen, es solle auf einen großen Kuchen aufpassen, ohne, dass es auch nur ein Stückchen abbekommt - noch dazu sein Lieblingskuchen. Zwar war das Ganze immer noch besser, als im Schloss Däumchen zu drehen, aber es war nicht das, was Kei sich vorgestellt hatte. Gut, nicht mit zur Schule zu gehen, war kein Beinbruch, aber Colin nicht mal ansprechen zu dürfen, war scheiße.
„Das ist ein guter Plan - bis auf die Tatsache, dass Colin nicht wissen darf, dass ich da bin. Wenn eh niemand weiß, dass ich dort bin, ist doch egal, ob wir uns sehen, oder nicht?“
Dennis' blaue Augen schienen plötzlich aufzuleuchten. Oder vielleicht war es im Raum nur noch dunkler geworden.
„Hast du noch gar nichts begriffen?! Du und ich sind nicht die einzigen telepathischen Vampire und die Instanz besteht aus URALTEN, MÄCHTIGEN WICHSERN. Dass ihr beide hier auf dem Anwesen wie die Kleinkinder, die ihr seid, herumtoben könnt, schuldet ihr einer ganzen Armee an Sicherheitskräften und einer Menge Wohlwollen!“
Kei seufzte. „Müssten die dann nicht eigentlich wissen, dass wir hier sind?“ Er wirkte wie die leicht angepisste Ruhe in Person. Theoretisch müssten Colin und er ja ziemlich leicht zu finden sein, wenn Dennis sich solche Sorgen über ein Desaster machte, sollten Colin und Kei sich wissentlich in der Nähe voneinander bewegen.
Dennis atmete langsam aus.
„Vielleicht tun sie das sogar,“ gab er ruhiger zu. „Vielleicht haben sie auch nur eine Ahnung. Vielleicht seid ihr hier aber auch gut versteckt - dass wir alle immer noch hier sind, deutet darauf hin.“ Langsam setzte er sich auf den antiken Polsterstuhl, wie jemand der gerade eine Dreifachschicht in irgendeinem Knochenjob hinter sich hat. „Der Punkt ist, dass sich Colin, wenn er zur Schule geht, außerhalb dieser...“ Er wedelte mit einer Hand im Kreis. „... Sicherheitsmaßnahmen bewegt. Wenn ihr beide zusammen gesehen werdet, wenn Colin einem seiner Mitschüler ein Foto von dir zeigt, wenn ein Postbote ihn in deiner Wohnung sieht...“
„Schon klar. Meinst du nicht, die gehen auch auf uns los, wenn sie uns alleine sehen?“ Dass auf Colin aufgepasst werden musste, war klar. Dass man ihn und Colin nicht zusammen sehen durfte, wenn sie beide ein Ziel darstellten, war weniger einleuchtend.
„Jeder für sich seid ihr viel unauffälliger. ... Du nun nicht gerade, aber du kannst auf dich aufpassen. Colin allein ist nur ein normaler Teenager, einheimisch, macht normale... Teenagersachen... Das fällt nicht weiter auf.“
„Kann ich ihn nicht ab und zu mal sehen?“ Er musste ja nicht ständig an ihm kleben, aber ihn ab und zu mal sehen zu dürfen, war nun wirklich nicht viel verlangt. Wahrscheinlich würde er sich eh über diese Anordnungen hinwegsetzen.
„Natürlich. Ich schicke dich nach Inverness, damit du ihn nicht aus den Augen lässt, sobald er das Internat verlässt. Für was auch immer. Du sollst ihn ja beobachten.“
„Hm. Mich mit ihm unterhalten, meine ich.“ Fragen konnte man ja mal. Dennis verschränkte die Finger und biss sich nachdenklich auf die Daumen. Dabei musterte er Kei.
„... Besser nicht. Er sollte nicht wissen, dass du da bist.“
Als ob ich mich daran halten würde... Du weißt das... Da bin ich mir sicher. „Wenn ich ihm Überfallkommandos vom Hals halten muss, wird er das.“
„Wenn es Überfallkommandos gibt, hast du deinen Job nicht richtig gemacht.“ Dennis funkelte ihn eindringlich an, so als ob er durch das Starren allein in Keis Kopf wühlen wollte. „Es ist mir im Grunde egal, was mit Colin passiert. Aber Rupert hängt an ihm. Und du bist kein Gefangener, du kannst machen was du willst. Nur hattet ihr jetzt leider beide ziemlich viel mit uns zu tun, und wenn ihr entdeckt werdet, ist der ganze Widerstand in Gefahr.“
„Mir ist nicht egal, was mit ihm passiert. Ich will nicht, dass er umgebracht wird.“ Kei musterte Dennis. Der begegnete seinem Blick unverwandt.
„Dann halte Abstand.“
„Das ist immer noch besser, als Däumchen zu drehen...“ Kei seufzte.
Dennis betrachtete ihn weiter.
„Ich geh Colin erzählen, dass ich hier bleiben muss. Das wird ihm nicht gefallen.“
Dennis nickte.

Kei + Colin LXXXIX: Kein Gentleman


Kei nahm einen langen Weg aus dem Irrgarten heraus und den langen Weg zur Tür. Er entschied sich dagegen, in seinem Zimmer herumzusitzen und ging stattdessen in dem Gebiet um das Schlossgelände herum spazieren.
Ähnlich hielt es Colin, indem er erst das Labyrinth verließ, wenn auch auf direkterem Weg als Kei, und dann über die dunklen, diesigen Wiesen wanderte, die zum riesigen Anwesen gehörten. Als er die künstliche Höhle fand, zündete er dort die Kerze in der Laterne an und wunderte sich beim Einstecken des Feuerzeugs zum ersten Mal darüber, dass ihm gar nicht kalt war. Es war Jahresende, morgens lag oft Rauhreif auf dem Gras und alle trugen Schals und Mützen - aber er fror nicht, obwohl er die Kälte wahrnahm.
Vielleicht war es in Keis Gegenwart einfach noch viel kälter. Oder sein Frösteln während Keis Kampf mit Delilah und nun im dunklen Labyrinth hatte eine ganz andere Ursache gehabt.
Noch bevor sich der Nebel lichtete, ging er ins Schloss zurück.

Kei blieb die ganze Nacht verschwunden und war auch am nächsten Morgen nicht im Schloss zu finden. Da es nachts geregnet hatte, war Kei, mit Jeans und T-shirt bekleidet, die Nacht im Regen umhergegangen und hatte sich prompt verlaufen. Nicht, dass ihn das störte. Klatschnass ging er durch Felder und Waldstücke.
Seine Abwesenheit fiel zwar natürlich auf, sorgte aber nicht für besonderes Aufsehen. Die unsichtbaren Wachposten unter Delilahs Führung wussten von seinen Ausflügen und kümmerten sich längst nicht mehr darum. Mit Colin war das anders. Er wusste auch, dass Kei kam und ging, wie es ihm beliebte, obwohl er genauso versteckt bleiben musste wie er selbst, aber scheinbar schienen alle, die etwas zu sagen hatten, Kei zu vertrauen. Oder ihm zumindest zuzutrauen, sich effektiv versteckt zu halten und nicht die Geheimhaltung der Basis zu gefährden. Darum ging es Colin aber nicht. Diese Vampirsache war nur eine dieser vielen Geschichten, die er glauben musste aber nicht nachweisen konnte. Es wurmte ihn einfach nur, dass Kei sich nicht blicken ließ. Er hatte keine Ahnung, wo der Kerl steckte, und das nervte ihn, aber er wusste nicht genau, warum. Nicht, dass er an diesem Tag viel mit ihm - oder mit sich selbst - angefangen hätte. Er wäre beinahe überhaupt nicht aufgestanden. Als er es aber doch getan hatte und Kei nirgends auftauchte, fand er sich irgendwann unerklärlicherweise in Keis Bett wieder, wo er sein deprimiertes Dösen/Weinen/Schlafen fortsetzte.
Erst am späten Nachmittag hatte Kei den Weg wiedergefunden. Es regnete in Strömen, als er leise und klatschnass im Schloss ankam. Auf dem Weg in sein Zimmer hinterließ er eine Spur aus Regenwasser auf den teuren, antiken Teppichen und Holzdielen. An seinem Ziel angekommen stellte er beim Abpellen der nassen Kleidung fest, dass sein Bett belegt war. Er musterte Colin eine Weile, der fest zu schlafen schien. Zumindest seinem ruhigen Atmen und der halb unter der Bettdecke zusammengerollten Körperhaltung nach zu urteilen. Die Türen zum gemeinsamen Badezimmer standen beide weit offen und es brannte kein Licht in den Räumen. Die Winterdämmerung und der dichte Regen ließen sie nächtlich erscheinen.
Kei nahm sich ein Handtuch und trocknete sich ab, ehe er sich, in frischen trockenen Boxershorts, vorsichtig unter seine Decke legte. Er wollte Colin nicht aufwecken. Der gab auch kein Zeichen des Aufwachens von sich, sondern rollte sich nur etwas auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kissen, als sich die Matratze leicht bewegte. So wie Kei es von ihm kannte, bestand sein Schlafanzug aus einem T-shirt und einer richtigen Pyjamahose. Letztere war ihm in die Kniekehlen hochgerutscht. Kei lächelte ein bisschen und legte vorsichtig einen Arm mehr auf als um Colin, bevor er selbst die Augen zumachte.
Das reichte ihm. Er brauchte nicht zu schlafen.
Der Regen ließ über die Stunden nach und reduzierte sich auf ein stetiges weiches Nieseln mit gelegentlich etwas dickeren Tropfen, die ab und zu lauter gegen die Fensterscheiben schlugen. Kei lag die ganze Zeit mehr oder weniger wach neben Colin und ließ sich von dessen Körpertemperatur aufwärmen. Der Junge schlief noch lange ruhig weiter, und drehte sich nur ein bisschen, bis er schließlich so an Kei gelehnt dalag, dass er dessen Oberarm und Schulter wie ein Kopfkissen benutzte und das Gesicht beinahe an seine Brust drückte. Als der Regen etwas schwächer wurde, schlief Kei schließlich doch ein. Da war es schon fast wieder Abend.

Irgendwann in den lächerlich frühen Morgenstunden wachte Kei wieder auf. Sein Zimmer war dunkel. Draußen war es auch dunkel und im ganzen Schloss herrschte Stille. Colin lag nun nicht mehr auf ihm, sondern neben ihm, und sah ihn mit dem Kopf auf eine Hand gestützt an. In möglichst unpeinlicher Entfernung.
Kei sah Colin müde an. „Guten Morgen.“
„Morgen,“ murmelte Colin, nachdem er den Mund erst ein paarmal erfolglos geöffnet und wieder geschlossen hatte.
„Ich wollte dich nicht wecken,“ erklärte Kei lächelnd. Nun lächelte auch Colin sachte. Bisher hatte er ernst dreingeblickt.
„Tut mir leid. Was ich gestern gesagt habe,“ sagte er leise.
„Ich war auch kein Gentleman.“ Kei blickte Colin leicht von unten an, da er sich nicht die Mühe gemacht hatte, seine Position groß zu ändern. Das brachte Colin zum Schmunzeln. „Ich werde aber auch nie einer sein,“ fügte Kei an. „Du bist übrigens schön warm.“
„Sag das nicht.“ Colins Mundwinkel zuckte.
„Was davon?“
„Dass du nie ein Gentleman wirst. Immerhin...“ Er zuckte langsam die Schultern und ließ den Blick um das Bett schweifen, bevor er Kei weiter ansah.
„Bisher war ich keiner.“
„Suit yourself. Aber du hast mich nicht aufgeweckt und rausgeworfen. Du hast dich scheinbar an mir gewärmt und ich habe meine Hose noch an.“ Sein Grinsen deutete an, dass er das alles nicht so besonders ernst meinte.
„Nicht, dass das nicht zu ändern wäre...“ Keis Blick war spaßig-herausfordernd.
„Sag ich doch. Aus dir wird noch ein Gentleman.“ Das brachte Kei zum Lachen. Colin grinste. „Ich könnte das nicht, glaube ich.“
„Was könntest du nicht?“
„Wenn ich in jemanden - also wenn ich - also, einfach nichts tun. Abwarten und Tee trinken. Das könnte ich nicht. Ich bin wohl ein Hinterherrenntyp.“
„Ich bin auch nicht gut darin.“
„Doch, bist du. Extrem gut.“ Mit diesen Worten setzte Colin sich auf und kroch zur Bettkante.
„Bleib doch hier. Es ist mitten in der Nacht.“
Colin hielt inne und sah ihn an. „Hast du nicht eben ‚Guten Morgen‘ gesagt? Außerdem bin ich jetzt wach.“
„Das heißt nicht, dass du verschwinden musst.“
Colins Blick weitete sich fast unmerklich.
Herzklopfen.
Er kam ein paar Zentimeter zurück und zog sich die Decke wieder über die Beine.
Kei lächelte leicht. Er nahm sich Colins erreichbarere Hand und hielt sie locker fest. Colin sah dorthin und musste sich daran erinnern zu atmen. Und das weiterhin leise zu tun, was dann dazu führte, dass er zumindest optisch den Eindruck erweckte, als sei er ein wenig außer Atem. Er sah Kei an. Es war dunkel, also konnte er vielleicht nicht sehen, wie Colins Augen und Wangen gerade aussahen. Der Anblick von Keis tätowiertem, nacktem Oberkörper, selbst in diesem schwachen Licht, half ihm jedenfalls nicht dabei, seine Fassung zu bewahren.
Was Kei nicht sehen konnte, war die Farbe in Colins Gesicht. Den Rest sah er klar wie am Tag. Sein Gesichtsausdruck war fast unschuldig, als wollte er sagen: ‚Ich hab doch gar nichts gemacht.‘
Colin drehte seine Hand in Keis und schloss die Finger um sie. Kei setzte sich leicht auf und musterte Colin. Der versuchte, Kei nicht zu sehr anzustarren, konnte sich aber nicht ganz davon abhalten. Er sah irgendwie peinlich berührt aus. Oder auf eine verwirrte Weise besorgt. Wie man eben so aussah, wenn der schöne Typ, auf den man stand, halbnackt neben einem im Bett saß, händchenhaltend, und einen anstarrte. Mit der freien Hand schob Colin seine Haare hinter ein Ohr. Dafür waren sie nun gerade wieder lang genug. Kei beobachtete Colin noch eine kleine Weile, ehe er leicht an dessen Arm zog um ihn zu sich zu ziehen. Das ließ Colin auch zu, auch wenn er darüber selbst überrascht war. Um sich aufzustützen, hätte Kei seine Hand loslassen müssen. Was er nicht tat, sodass Colin halb auf ihm landete. Und seine freie Hand langte zuallererst versehentlich auf Keis nackten Oberschenkel.
Argh. Er kam sich so peinlich vor. Kei grinste ein bisschen.
Colins Gesicht in Farbe wäre jetzt sehenswert gewesen, aber er wusste wie es aussehen musste. Rot.
Das wusste Colin auch, oder er vermutete es stark. Seine Wangen und Ohren brannten noch, nachdem er sich wieder aufgesetzt hatte, nun sehr dicht vor Kei, und beinahe an ihn geschmiegt. So dicht bei sich hatte Kei Colin das letzte Mal gehabt, als sie Motorrad gefahren waren. Das sollte öfter so sein, fand Kei. Er hielt Colins Hand weiter fest und küsste den Kleineren einfach.
Verblüfft atmete Colin erst aus, aber schloss schnell die Augen und erwiderte den Kuss, keusch aber sehr bereitwillig. Seine Hand in Keis zuckte leicht. Kei lockerte den Griff um Colins Hand so, dass der Kleinere damit tun konnte was er wollte, und erhielt den Kuss aufrecht. Und der machte mit. Sogar mit allmählichem Lächeln. Seine Finger strichen über Keis Hand und dann seinen Arm hinauf. Und mit Lippen und Zunge probierte er gemütlich aus, was man so mit Keis Lippenring anstellen konnte. Der Vampir nahm die nun wieder freie Hand dazu, Colin ein kleines Stück dichter zu sich zu ziehen. Während er nun wieder so ziemlich an Kei lehnte, zog Colin den Kopf etwas zurück.
„Ich nehme alles zurück,“ sagte er leise.
„Das sagst du jetzt. Morgen bin ich wieder ein Arschloch,“ scherzte Kei. Colin schmunzelte.
„Das sehen wir dann morgen,“ sagte er und küsste ihn wieder, mit den Armen auf Keis Schultern. Kei grinste und erwiderte den Kuss. Bis morgen war nicht mehr so viel Zeit.
Während sie so weitermachten, Colin langsam und unermüdlich und zwischendurch mit glücklichem Schmunzeln, kniete er irgendwann rittlings auf Keis Oberschenkel und stellte viel später fest, dass er deutlicher sehen konnte. Er sah zum nächsten Fenster, wo der dunkelgraue Himmel den Morgen ankündigte.
„Jetzt ist es wirklich morgens,“ bemerkte Kei, ohne wirklich von Colin abzulassen. Eine Hand war irgendwo in Colins, wieder lang genug dafür gewordenen, Haaren verschwunden und mit der anderen hielt er den Kleineren fest. Colin nickte.
„Schade.“
„Du musst immer noch nicht aufstehen.“
Colin schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Aber ich mag die Nacht.“
„Gut, dass der Tag nicht lange dauert.“
Colins Augen weiteten sich plötzlich etwas, als fiele ihm etwas ein.
„Hm?“ Kei schaute ihn fragend an.
„Ich glaube, Rupert kommt heute zurück.“
„Wo war der eigentlich?“
„Bei der Meditec in Liverpool.“ Er ließ Kei nicht los und stieg auch nicht von ihm herunter. Das hier war viel zu... schön.
„Dann kommt er bestimmt nicht um diese Uhrzeit zurück.“ Kei wollte Colin noch eine Weile für sich beanspruchen.
„Nein,“ sagte Colin leise. Wie er Kei so ansah, musste er plötzlich beschämt lächeln. „Ist das hier w-“ Keis Lippen schnitten ihm das Wort ab. Das war auch ganz gut. Er hätte nämlich sonst beinahe den Umstand angesprochen, der ihn nun dazu brachte, sich etwas aufzusetzen, damit Kei nicht auch spürte, was gerade in seiner Hose los war, und sich darüber lustig machen konnte.
Darüber lustig gemacht hätte Kei sich keineswegs. Was Colin sagen wollte, schien nicht allzu wichtig zu sein, denn er machte keine besonderen Anstalten es fortzusetzen. Er küsste Kei bloß langsam und genüsslich weiter und stützte sich dabei auf Keis Schultern, um sich nicht wieder auf ihn setzen zu müssen.
Um sie herum wurde das Schloss so langsam wieder wach.
Nicht, dass Colin das interessierte. Keis Haare, die Farben und Formen auf seinen Schultern, die gewichtige Tatsache seiner Nacktheit und vor allem sein Mund beschäftigten ihn zu sehr.
Kei bekam das beginnende Treiben um sie herum mit, kümmerte sich aber auch nicht darum. Es war nicht schwer, die Geräusche um sich herum auszublenden, wenn Colin fast auf ihm saß.

Sie schafften es irgendwann aus dem Bett, in andere Kleider und sogar andere Räume. Kei war es nicht ganz recht, dass Colin es sich in der Bibliothek gemütlich machen wollte, also brachte Colin sich zwei Bücher in Keis Zimmer mit, wo er gegen Kei gelehnt versuchte, Gedichte zu lesen, während Kei auf seiner Gitarre herumzupfte. Beides wurde von beiden häufig unterbrochen, um ihr neues Hobby von den frühen Morgenstunden wieder aufzunehmen.
Niemand störte sie, bis am Nachmittag Rupert zurückkam.
Delilah klopfte an Keis Zimmertür und holte Colin heraus, um ihn zu Rupert zu bringen. Dafür erntete sie einen Mittelfinger von Kei, der die folgende Zeit mit der Gitarre, Warten und Herumlaufen herumbringen musste. Als Colin nach über zwei Stunden aus Ruperts Privatapartment kam und Kei nicht in seinem Zimmer vorfand, wanderte er ziellos durch das Schloss, um ihn zu suchen. Er fand ihn schließlich im Spielzimmer. Der Vampir lag auf dem Billiardtisch und versuchte, die Dartscheibe im Liegen zu treffen.
Ein prüfender Blick auf die Zielscheibe ließ Colin wissen, dass die liegende Position für Kei kein großes Hindernis darstellte und mehr ein Ausdruck der Langeweile als ein herausforderndes Handicap war. Er schloss die Tür und ging zum Sofaende, das dem Billiardtisch am nächsten stand, um sich daran zu lehnen.
„Das war wohl ein sehr ausführlicher Reisebericht, was?“ fragte Kei, der einen Smiley in die Dartscheibe geworfen hatte.
„Eigentlich nicht. Er hat kaum von der Messe gesprochen.“ Colin legte etwas den Kopf schief, um die Darts kurz nachdenklich zu betrachten.
„Erzählst du mir die Neuigkeiten?“ Der Smiley hatte ein ziemlich verzerrtes Gesicht, weil Kei beim Werfen nicht genau hingesehen hatte.
„... Ich kann wieder zur Schule gehen...“
„Aber?“
„... Es ist ein Internat in Schottland.“
„Aber dann sehe ich dich kaum noch.“
Colin blickte zu Boden und errötete leicht.
„Kannst du nicht auf ‘ne normale Schule gehen? Die Internatsidee finde ich scheiße.“ Dass Colin seinen Schulabschluss machen sollte, fand Kei allerdings gut.
„Das habe ich auch gefragt,“ sagte Colin, nachdem er sich verlegen geräuspert hatte. „Aber wenn ich in Lancaster zur Schule gehe, bringe ich uns alle in Gefahr. Das Internat bei Inverness ist laut Dennis und Rupert richtig sicher und unbeobachtet. Da kann ich mit nur leicht verändertem Namen als ich selbst sein. Hat er gesagt.“
„Das ist ja gut. Aber dann bist du trotzdem weit weg.“
Colin nickte.
Es war schwierig... aber fühlte sich auch richtig gut an. Noch einen Tag zuvor wäre er von Ruperts Vorschlag hellauf begeistert gewesen und hätte auf der Stelle seinen Koffer gepackt. Er wollte das auch jetzt tun. Aber jetzt gab es noch Kei.
Er verschränkte betreten die Arme.
„... nur bis Weihnachten,“ sagte er schließlich.
„Und dann bis zum Sommer und Weihnachten ist kurz.“
„Es ist aber eine gute - Was soll ich denn sonst machen?“
„Dichter hier zur Schule gehen.“ Kei kam der Gedanke, dass er sich einfach, jetzt wo er legal volljährig war, eine Wohnung nehmen könnte, aber er bezweifelte, dass Dennis damit einfach so einverstanden wäre.
„Hast du nicht zugehört? Das lässt uns auffliegen,“ sagte Colin sanft.
„Lässt uns auch auffliegen, wenn ich ne eigene Wohnung irgendwo da hätte?“
Überrascht sah Colin auf. „Du w-“ Du würdest mir hinterherziehen?
„Da wäre jedenfalls mehr los als hier,“ kommentierte Kei Colins Gedanken.
„Das glaube ich nicht. Inverness ist jetzt nicht die aufregendste Metropole, und das Internat liegt auch noch ein Stück außerhalb.“
„Das Stück außerhalb ist immer noch kürzer als der Weg von hier aus.“
Colin musterte ihn und sah dabei ein wenig überwältigt aus, gelinde gesagt. Kei lächelte leicht. „Ich will nicht drei Stunden brauchen, nur um dich zu besuchen. Dafür bin ich zu verwöhnt.“
Colin machte die drei Schritte zum Billiardtisch und stützte sich mit den Händen auf die breite Kante. „Warum willst du das machen?“ fragte er leise.
„Ich will nicht, dass du so weit weg bist.“
Colin beugte sich etwas über ihn und schmunzelte liebevoll. „... Hinterherrenntyp.“
„Purer Egoismus.“ Kei zog ihn zu sich und küsste ihn. Grinsend versuchte Colin, den Kuss zu erwidern, und trotz Keis Griff mit auf den Tisch zu klettern. Kei ließ ihm auch die Möglichkeit dazu, da er ihn nicht besonders festhielt. Colin kniete sich so hin, dass er beinahe auf Keis Bauch saß, ohne den Kuss zu unterbrechen. Kei grinste in den Kuss und schob eine Hand unter Colins Shirt. Der versteifte sich daraufhin etwas und hob den Kopf, um Kei anzusehen. Kei erwiderte Colins Blick immer noch grinsend. Colin musste zwar schmunzeln, legte aber eine Hand auf Keis Unterarm und schob ihn hinunter. Kei verhakte einfach die Finger in der Gürtelschlaufe von Colins Hose, weil er ihn nicht ganz loslassen wollte.
„Was, wenn das eine Enttäuschung wird?“ fragte Colin und setzte sich auf.
„Du denkst zu viel,“ erwiderte Kei.
„Denkst du genug?“
„Selten.“
Colin musste grinsen. „Was willst du?“
„Sex, Blut, dich und 'nen Drogenrausch.“
Darauf wusste Colin nichts zu entgegnen und glotzte nur doof, bis er leise lachen musste. Kei musterte ihn grinsend. Er sah belustigt, verlegen und etwas ungläubig aus. Und jetzt schob er sich wieder die Haare hinter die Ohren.
„Was ist denn, wenn du mich nicht kriegst? S- alles andere kannst du dir ja erfüllen, aber dafür wanderst du ja nicht nach Inverness aus.“
„Ich kann mich ja als Minnesänger versuchen. Oder ich versuche mich zu betrinken und tue Dinge, die ich nüchtern bereuen könnte.“
„Was denn zum Beispiel?“ fragte Colin gutgelaunt.
„Das weiß ich noch nicht. Ich war noch nie so betrunken, dass ich den Scheiß, den ich gebaut habe, bereut habe.“
„Warst du noch nie betrunken genug? Oder bereust du einfach gar nichts?“
„Ich war noch nie betrunken genug um etwas zu tun, dass ich bereuen würde. Da gibt es auch nicht viel.“
„Hast du überhaupt nie etwas getan, das du danach bereut hast?“ Mit den Fingern strich Colin ein paar Falten in Keis T-shirt entlang, um sie zu glätten. Das war natürlich nur ein Vorwand. Er saß dem Jungen sehr bequem auf den Hüften.
„Nichts, das nicht doch irgendwie so ausgegangen ist, dass es am Ende gut war.“ Kei befand Colins Position durchaus für bequem. Nicht nur bequem. Der Kleinere saß da gut.
Kei überlegte ein bisschen. Klar gab es Dinge, die im Nachhinein keine so sonderlich gute Idee gewesen waren, aber ihm wollte nichts einfallen, dass er so richtig bereute. Kei wusste gar nicht, wie es sich anfühlte, etwas wirklich zu bereuen.
„Was denn so? Was hast du bereut und war am Ende gut?“
„Seit ich dich kenne... In Südamerika einfach abzuhauen war eine dumme Idee. Zum Beispiel. Aber das ging gut aus.“
„Abzuhauen? Du meinst in Chile? Als du weitergefahren bist?“ Colins unbedarfte Neugier verdeutlichte, wie unbeteiligt er an dieser Geschichte war, und dass er sie nur von Keis Erzählungen kannte.
„Ja. Das hätte auch nach hinten losgehen können.“
Colin blickte auf und schaute nachdenklich auf einen Vorhang.
„Ansonsten hab ich als Kind ein paar sehr, sehr dumme Sachen angestellt.“
„Was denn?“ Colins Blick schnappte zurück und musterte Kei aufmerksam.
„Ich hatte... Stress mit ein paar Gangstern.“ Kei fiel wieder ein, dass diese Keis Kinderfoto-Geschichte in Colins Welt nie passiert war, was er ganz gut fand. „Und ihre Leichen und lauter Spuren einfach liegenzulassen hätte mich den Kopf kosten können, ich hätte das besser machen sollen...“
„Du hast ein paar Gangster umgebracht? Als Kind?“
„Ja. Ging nicht anders.“
„Warum?“ Das ‚Wie‘ sparte Colin sich, nachdem ihm eingefallen war, wozu Kei als Vampir imstande war.
„Sie waren nicht gerade nette Gangster.“
Colin musste lachen. „Schon klar, aber warum musstest du sie umbringen?“
„Damit sie mich in Ruhe lassen. Einer von denen stand immer in der Tür. Ich wollte gehen. Er hat Nein gesagt. Irgendwann hat einer von denen sein Messer vergessen.“
Mit ernstem Blick stieg Colin von ihm herunter und setzte sich im Schneidersitz neben ihn. „Fang von vorne an,“ sagte er leise und stützte sein Kinn auf eine Hand.
„Das ist keine schöne Geschichte.“
Colin sah ihn nur schweigend an.
„... Ich hab ne Weile auf der Straße gelebt, nachdem meine Mutter getötet wurde. Bin an die nicht netten Gangster geraten und ne ganze Weile später da wieder abgehauen. Waren um und bei insgesamt sieben Jahre.“
„Du wurdest da sieben Jahre lang gefangengehalten?“ Colin flüsterte beinahe.
„Nein. Ich war erst eine Weile Straßenkind. Das klappt ganz gut, wenn du kein Essen brauchst. Dann hab ich mit neun oder so Dummheiten gemacht, die mir diese Bekanntschaft eingebracht haben und mit zwölf bin ich da abgehauen.“
Colin schluckte und starrte.
Kei musterte ihn. Der Kleinere sah leicht schockiert aus und das obwohl er die wirklich miesen Teile weggelassen hatte.
Ich kenne dich gar nicht, schoss Colin durch den Kopf. Das wurde ihm jetzt richtig bewusst. Er hatte bisher kein bestimmtes Bild von Keisuke Sakai gehabt, aber das, was er von ihm kennengelernt hatte, in den paar Wochen, die er bewusst mit ihm zu tun gehabt hatte, ließ ihn hauptsächlich wie einen selbstbewussten Rebell aussehen, wie einen typischen, schlechtgelaunten Teenager - Colin hatte nicht einmal über Keis Familienverhältnisse nachgedacht. Er wusste, dass Delilah und Dennis seine Geschwister waren, aber das war auch alles.
Kei wartete eine kleine Weile. „Ich bin mit vierzehn bei einem Bekannten untergekommen. Bald darauf hatte ich Arbeit, Schule und eine Wohnung. Bis auf die Schule alles illegal.“
„Wow,“ sagte Colin leise. Sakai war die ganze Zeit nicht auf Abwegen gewesen, sondern hatte sich bemüht, von den Abwegen wegzukommen, auf denen er aufgewachsen war.
Und die Instanz machte alles wieder kaputt.
„Naja, eigentlich ist das egal. Ich werde niemals ein geregeltes Leben haben, so who cares?“ Kei schien das tatsächlich egal zu sein.
„Komm her.“ Colin öffnete die Arme.
Kei setzte sich auf. „Wird das eine total kitschige Umarmung?“ fragte er, als er zu Colin hinüberrutschte.
„Ja.“ Colin schlang die Arme um Kei, bevor der es sich anders überlegen konnte. Kei musste lachen, erwiderte die Umarmung aber. „Jetzt kann ich dich ja nicht mehr allein lassen. Wie gerissen von dir,“ sagte Colin in Keis Schulter.
„Kannst du nicht oder willst du nicht?“
Colin ließ ihn los. „Das ist doch dasselbe. Willst du auch wieder zur Schule gehen? Oder bist du in den verlorenen Jahren damit fertig geworden?“
„Ich bin nie fertig geworden.“
„Willst du dann auch?“
„Schule? Ich bin ein grausiger Schüler.“
Colin lachte. „Ich weiß. Willst du oder nicht? Wenn die Schule in Inverness so sicher ist, können wir bestimmt beide dahin. Ich kann dir mit Englisch helfen und würde noch mehr Gossenjapanisch von dir lernen.“ Er grinste.
„Ich kann auch anständiges Japanisch,“ grinste Kei und fügte noch „Einen Schulabschluss kann ich sicher gebrauchen,“ hinzu.
„Habe ich von dir noch nicht gehört,“ stichelte Colin feist grinsend.
„Ich brauche ihn auch nicht zum Leben. Aber es ist sicher nützlich.“
„Ich meinte dein Japanisch. Ich wette, du kannst noch nicht mal die Kanji für ‚Bildungsministerium‘.“ Das dreckige Schmunzeln wollte nicht verschwinden.
„Du bist ein kleines Arschloch, weißt du das?“ Kei wünschte sich gerade einen Filzstift, um Colin das Gegenteil zu beweisen. Er grinste. Colin lachte und nickte fröhlich. Kei küsste ihn. Einen Stift hatte er gerade nicht zur Hand, also ließ er seinen Streich erstmal bleiben. Begeistert erwiderte Colin den Kuss, aber nur kurz.
„Aber die Umarmung war kitschig, ja?“ Er musste beinahe wieder lachen.
„Ja.“ Kei grinste.
„Ja, war sie. Aber das hier auch.“ Colin küsste Kei, eilig aber sanft.
„Ich hab nichts anderes behauptet.“
„Komm mit nach Inverness,“ sagte Colin, während er mit den Zähnen an Keis Lippenring zog - als sei ihm das gerade selbst eingefallen. Seine Hände lagen auf Keis Nacken.
„Du klaust meine Ideen,“ entgegnete Kei und küsste den Kleineren wieder.
„Leg doch Beschwerde ein.“ Colins Hände wanderten über Keis Schultern hinunter, tastend.
„Ich fürchte das wird nicht fruchten.“
„Vielleicht doch. Wenn du den richtigen Antrag ausfüllst...“ Colins Hände machten nun das, was er Keis vorhin noch verboten hatte, und rutschten gemächlich seinen Bauch hinunter und unter Keis T-shirt. Kei ließ das Antworten bleiben und schob stattdessen eine Hand unter Colins Shirt.
Unter seinen Händen spürte Colin Keis Haut wärmer werden, oder es kam ihm nur so vor. Er selbst kam sich nun auch wärmer vor als sonst, und dort, wo Kei ihn berührte, wurde er zu Wasser, das mit jedem Fingerstrich in sanften Wellen vibrierte. Er sog zitternd Luft ein. Anders ging Atmen nicht mehr. Kei erkundete Colins Körper seinerseits. Auch, wenn er ihn schon in- und auswendig kannte. Das war egal. Das hier konnte man häufiger machen. Er küsste den Kleineren weiter, der nun gieriger geworden war und seine Zähne zur Hilfe nahm. Er ließ von Keis drahtigen Muskeln ab und stützte sich dafür auf seine Oberschenkel, um sich ihm entgegenzulehnen. Er musste etwas Druck von seinem Schritt nehmen.
Kei schob Colins Shirt etwas nach oben um mehr Platz zu haben.Zieh mich doch gleich ganz aus, schlug Colin in Gedanken vor und zog den Kopf zurück.
„Eine gute Idee.“ Kei entgegnete Colins Gedanken gerne laut. Nur um zu sehen, wie der Kleinere darauf reagierte.
Mit leichtem Schrecken, so reagierte er darauf.
„... Telepathie ist unfair,“ murmelte Colin und nahm schnell die Hände von Keis Beinen.
„Ich hab mir nicht ausgesucht, deine Gedanken im Kopf zu haben.“ Obwohl es schön ist, zu wissen, was du denkst.
„Kannst du das nicht abschalten?“ fragte Colin und kratzte sich am Arm, den er mit Absicht so vor sich hielt, dass er damit hoffentlich die Wölbung in seiner Hose verdeckte.
„Nein.“ Konnte er wirklich nicht. Colins Gedanken tauchten meist ohne, dass er es wollte, in seinem Kopf auf. Nicht, dass er ernsthaft etwas dagegen hätte.
„Kriegst du alles mit, was um dich herum so gedacht wird?“
„Nein.“
„Warum dann die Sachen, die ich denke?“
„Das passiert ja nicht immer. Das klappt nur aus Versehen, wenn ich nicht abgelenkt bin.“
„... das ist gruselig.“
„Ein bisschen.“
Colin schaute ein bisschen um sich, rieb sich auf den Knien herum und rutschte dann zur Seite, um die Beine vom Tisch zu schwingen. Kei musterte ihn ein wenig. „Delilah kann was viel gruseligeres,“ erwähnte er nebenbei.
Colin sah ihn wieder an. „Was denn?“
„Sie kann per Telepathie kommunizieren. Stell dir vor, du hörst plötzlich jemandes Stimme in deinem Kopf, die ganz normal mit dir spricht.“
Seine Verlegenheit vergessen, staunte Colin ihn unverhohlen an. „Wie klingt sie?“
Kei versuchte, Delilahs Stimme zu erklären. „Ich weiß nicht, wie viele Sprachen sie kann. Sie klingt total unmenschlich, also eher roboterhaft.“
„Und ich?“ Interessiert drehte Colin sich wieder zu Kei um.
„Du gar nicht. Du klingst immer noch nach Stimmbruch.“
„Ey,“ sagte Colin im Beschwerdeton, mit beleidigtem Gesicht und absichtlich quietschender Stimme.
Kei lachte. „Isso.“
„Der Stimmbruch war mal Popstar, dass das klar ist.“
„Ich weiß, dass du gut klingst, Angeber.“
„Angeber, ich?!“
„Ja, manchmal.“ Kei grinste.
„Und was ist mit dir?!“
„Ich bin ein großer Angeber.“
„Ah...“ Colin musste grinsen und errötete ein bisschen, als er an das falsche dachte, und schüttelte leise lachend den Kopf. „Stimmt. Du gibst schon an, bevor du überhaupt den Mund aufmachst.“
„Ich kann nichts für mein Aussehen,“ lachte Kei.
„Schnauze,“ sagte Colin verlegen grinsend.
„Na gut.“ Kei zog sich Colin wieder dichter heran und küsste ihn. Diesmal drückte Colin ihn weg, oder versuchte es zumindest.
„Hast du keine Angst, dass ich nur darum auf dich stehe?“ Er schmunzelte.
„Nein.“ Und da war sich Kei sogar sicher. Colin zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder weg, um vom Tisch zu klettern. „Für wann ist der Internatsausflug eigentlich geplant?“ fragte Kei.
„Sobald ich zustimme,“ sagte Colin, indem er vom Tisch stieg und sich das T-shirt wieder hinunterzog.
„Wenn ich wieder zur Schule gehe, musst du mir helfen. Zumindest ein bisschen.“
„Klar. Mach dir da keine Sorgen. Ich werde dich Shakespeare rezitieren lassen,“ sagte Colin mit einem gemeinen Lächeln. „Und du wirst eine komplette Uniform tragen.“ Er ging um den Tisch herum auf die Tür zu.
„Hast du Uniform gesagt?“ Kei stand auf und folgte Colin. Der nickte langsam.
„Mit Krawatte... und Jackett... und schwarzen Schuhen...“ Er wartete auf Kei, ehe er die Tür öffnete und hinausging.
„Rate mal, wie lange die ordentlich aussehen wird.“ Wenn es irgendetwas gab, das Kei nicht gerne trug, dann waren es Uniformen. Er folgte dem Kleineren und schloss die Tür hinter sich.
„So lange, bis du rausgeschmissen wirst? Jedenfalls wirst du peinlich genau darauf achtgeben, solange du unentdeckt bleiben möchtest.“ In gemächlichem Tempo schlenderte Colin auf ihre Zimmer zu, bis zu Keis Tür.
„Ich hatte nicht vor, sie zu zerfetzen.“ Kei öffnete seine Tür.
„Sie überhaupt erst vollständig anzuziehen wird für dich die größere Herausforderung,“ sagte Colin grinsend und trat ein.
„Hemd und Jackett sollten eigentlich auch reichen.“ Kei ließ sich auf sein Bett fallen nachdem er das Fenster geöffnet hatte.
„An einer britischen Privatschule? Du bist süß.“ Er trat ans Bett und lehnte sich an einen der Pfosten am Fußende.
„Ich komm damit durch.“ Kei schien sich dessen ziemlich sicher zu sein. Klar, er konnte hypnotisieren. Natürlich kam er damit durch. Zumindest war er sich ziemlich sicher, dass das funktionieren würde. Colin zuckte nur mit den Schultern und sah sich betont gelassen um. Er hatte die Arme locker verschränkt und einen Fuß über den anderen gestellt. „Man sollte meinen, du kennst dich hier schon aus,“ kommentierte Kei Colins Umseherei grinsend.
„Willst du mit mir schlafen?“ fragte Colin unverblümt.
Kei blinzelte.
„Ja.“
Als er und Colin das erste Mal aufeinander getroffen waren, war das ganz anders verlaufen. Schade, dass Colin das nicht mehr wusste. Dass das eigentlich eine ziemlich überflüssige Frage gewesen war, wusste Colin natürlich auch nicht mehr. Colin schluckte und biss sich entschlossen auf die Zunge.
„Hast du ein Gummi?“ murmelte er heiser.
„Eh, nope.“
Mit einem ‚Oh, Mist‘-Gesicht blickte Colin zu Boden.
„Tja...“ Er stieß sich vom Pfosten ab.
„Das hat dich sonst auch nicht interessiert,“ informierte Kei seinen Freund grinsend. Colins vorsichtiger Blick war schwer zu lesen. Nur Verlegenheit war darin deutlich zu sehen. Als ihm keine Entgegnung einfiel, kratzte er sich am Kopf. Kei musterte ihn leicht grinsend. „Wenn du noch ‘n paar Minuten Zeit hast, könnte ich mich nach draußen begeben und welche holen.“ Oder es ist dir egal.
„... Ich habe Zeit,“ sagte Colin leise, ohne Kei direkt anzusehen. Er widerstand dem Drang, sich die Hände vors Gesicht zu halten. Das hier wurde mit jeder Minute peinlicher.
„Bin gleich wieder da.“ Kei zog sich nur seine Stiefel über, ohne sie zuzumachen, auf eine Jacke verzichtete er auch und verschwand dann nach draußen, um mit dem Motorrad in den nächsten Ort zu fahren.
„Und Gleit-!“ sagte Colin noch, während Kei aus dem Fenster kletterte, doch machte den Mund verlegen wieder zu, als Kei ihn ansah, bevor er hinuntersprang. So peinlich, brummte er in Gedanken. Dann fiel ihm etwas ein, siedendheiß, und er rannte schnell ins Badezimmer, um gründlicher zu duschen als jemals zuvor.